Briefe aus dem Exil 2: Afrika

Vor einiger Zeit hingen in Karlsruhe überall Plakate eines neuen Musicals/Zirkus herum mit dem Namen „Mother Africa„. Auf dem Plakat waren fröhliche, bunt bemalte Menschen in mehr oder weniger traditionellen, eher aufgepoppten Kostümen zu sehen. Vielleicht prägen solche Bilder und die Nationalparkszenen mein Bild von Afrika zu sehr. Bono hat gesagt: Afrika – das ist ein ganzer Kontinent, der in Flammen steht.

Je mehr Berichte von Afrika sich in meinem Kopf zu einen Bild zusammen puzzeln, um so mehr begreife ich, was er damit meint. Afrika hat den höchsten Anteil von so genannten „gescheiterten Staaten“ der Welt:

Failed_States Failed_States Kopie

(Bildquellen: Wikipedia)

Vom Völkermord in Darfur (Sudan) habe ich schon länger etwas gehört, krass finde ich die Aktion mit den Türschildern (Rettet Darfur) auf denen zu lesen ist „Bitte nicht stören – Völkermord“ der auf drastische Weise darauf aufmerksam macht, dass in den vergangenen 5 Jahren ca. 400.000 Menschen getötet wurden – rund 2,5 Millionen sind auf der Flucht. Und die Staatengemeinschaft kommt ihren Versprechen nicht hinterher.

Heute las ich von Simbabwe und dessen mittlerweile völlig handlungsunfähigen Präsidenten Mugabe. Schaut man die Karte an, so kommen einem Erinnerung an Meldungen in den Nachrichten oder Zeitungen, die man mittlerweile vergessen hat. Leute wie Toby Faix schreiben über furchtbare Entwicklungen in Nigeria, Brian McLaren mahnt: „Please don’t forget the Congo!

Ich konzentriere mich so stark auf unsere spirituelle Krise im post-christlichen Westen, dass Afrika nicht wirklich in meinem Herz, meinen Gebeten und meinem Kopf ist – und auch nicht meinen Geldbeutel bewegt. Und dennoch – wie kann ich von Gerechtigkeit reden, Gerechtigkeit, wie Gott sie sich auf dieser Welt vorstellt und wie sie in Jesus schon angebrochen ist, ohne aktiv zu werden? Wir haben gestern hier mit der Familie ein gutes Gespräch gehabt, in dem es um Fragen wie fair gehandelte Kleidung ging und was wir machen können mit unseren eigenen, limitierten Ressourcen (mir ist klar, dass unsere Ressourcen größer als die der Restweltbevölkerung sind…). Schwiegervater, oftmals die Stimme der Vernunft meinte, dass man nicht an allen Fronten zugleich die Welt verändern kann. Dennoch möchte ich es nicht unterlassen mir und Euch Afrika ans Herz zu legen. Unsere Gebete, unsere Anteilnahme und unsere Aktionen/Geldbeutel sind nicht unwichtig, im Gegenteil.

Vielleicht suchst Du ja noch ein last-minute Weihnachtsgeschenk? Hier noch ein paar Tipps (es sind alles gute Aktionen, wenn auch nicht immer für Afrika):

Sinnvolle Geschenke – die Idee von Geschenken, die Not lindern

Augenlicht schenken statt Socken und Krawatten

Schenken und Helfen – schon mal Hühner, einen Bienenstock oder Obstbäume verschenkt?

Zum Abschluss noch ein Zitat von Bono, der über Gerechtigkeit und Afrika schreibt. Gerade zu einer Zeit, wo wir die Geburt des Friedefürst feiern, der Gerechtigkeit bringt eine gute Erinnerung wie viel Arbeit noch vor uns liegt.

„Africa makes a fool of our idea of justice; it makes a farce of our idea of equality. Because there’s no way we can look at Africa – a continent bursting into flames – and if we’re honest conclude that it would ever be allowed to happen anywhere else. Certainly not here in Europe, or America, or Australia, or Canada. There’s just no chance. You see, deep down, if we really accepted that Africans were equal to us, we would all do more to put the fire out. We’ve got watering cans, when what we really need are the fire brigades. (Bono 2004)“

Mal was FROH!es…

Aus einem Interview mit Heinz Bude, Inhaber des Lehrstuhls für Makrosoziologie in Kassel, in der FROH!:

„Die Spendenbereitschaft der Deutschen ist in Europa bemerkenswert. Wir sind offenbar auch immer noch ein Land, in dem es ein tiefes Gefühl für soziale Gerechtigkeit gibt, das auch immer einen Adressaten sucht. Die Frage ist, wie kann sich soziale Gerechtigkeit nicht nur als situative Ausdrucksform zeigen, sondern auch als nachhaltige und belastbare Ausdrucksform für die Zukunft? Denn das ist sicher, dass wir in der Zukunft in eine Gesellschaft hinein gehen werden, die ungleicher sein wird, als die Gesellschaft es heute ist.“

Ich fand es einfach mal schön zu sehen, dass wir Deutschen offenbar auch schon Schritte gemacht haben und das soziale Gerechtigkeit irgendwie mit uns schon länger unterwegs ist als erst seit gestern. Aber mal was FROH!es und einmal ein gutes Wort über…:

In der Weihnachtsgeschichte feiern später Könige mit Hirten zusammen also die Hochgestellten mit den Niedrigen. Gibt es heute noch Orte, in denen die Starken mit den Schwachen, die Armen mit den Reichen barrierefrei miteinander sein können? (Fragt Simone Rüth Herrn Bude)“

„Naja klar, die Kirche.(Antwortet dieser)“

Und lieben Dank an Mark Reichmann für die kostenfreie Ausgabe der FROH!

Schuhe…

Während einige sich über die Klimaeinlenkung der USA freuen gibt eine flämische Zeitung scheinbar Zahlen, zumindest aber Vergleichsgrößen zum Engagement der einzelnen Nationen in der Entwicklungshilfe preis.

Ich finde es seltsam, dass zwar die Meldung der „Het Nieuwsblad“ mehrfach im Netz auftaucht, aber nirgends der ganze Artikel – die Lage ist folgendermassen (wörtlich nach der „Süddeutschen“ zitiert): „Deutsche Frauen geben mehr für Schuhe aus als ihre Regierung für Entwicklungshilfe“ (Quelle). Yahoo gibt als Quelle dpa an – da wird’s wohl stimmen. Es ist natürlich jetzt leicht auf den Schuhtick vieler Frauen abzufahren – ob man wie bei den Kanadiern den Bierkonsum auch als Vergleichsgröße hätte nehmen können?

Nun ja, in Ermangelung konkreter Zahlen ist das irgendwie müßig. Wieviel Geld geben deutsche Frauen für Schuhe aus? Wie groß müsste die Entwicklungshilfe Deutschlands sein, damit sie im Vergleich zu irgendeinem Luxusartikel Absatz gut dasteht? Und die Frage aller Fragen – wie soll ein Sozialstaat ohne soziale Menschen Massen an Geld für soziale Projekte ausgeben? Letztlich liegt doch alles an meiner Entscheidung Geld zu geben von meinem Luxus, fair gehandelte Produkte einzukaufen statt armutsfördernden Billigimportgütern. Irgendwie habe ich an den Staat nicht wirklich die Erwartung da drastisch Gutes zu tun – er ist doch nur ein Spiegelbild der Menschen, die in ihm leben.

Was denkst Du?