Und jetzt? Vatersein…

Ist das nicht schon ein wenig früh, um einen Post über Vatersein zu schreiben? Emilia ist jetzt grade mal 3 Wochen und 4 Tage alt.

Ich glaube nicht, weil ich über das Alte und das Neue meines Lebens schreiben will und über Ängste. Als am Montag den 29.01. meine Tochter geboren wurde gab es ein Gefühl der Angst in meinem Leben – ich lag im Kreissaal neben dem OP und hatte Emilia auf meinem Bauch liegen und Mirja kam und kam nicht nach. Mir war nach wenigen Minuten klar, dass etwas nicht stimmen konnte. Die nächsten zwei Stunden waren von einer elementaren Angst geprägt: Der Angst um das Leben meiner Frau.

Zugleich stand ich vor einem großen Dilemma, denn ich hatte eine wenige Minuten junge Tochter, um die ich mich kümmern musste. Ängste fliegen hin und her, wechseln sich ab. Wie macht man das als junger Vater? Ich ging es pragmatisch an – nachdem der große Stein abgewälzt war und die Nachricht kam, dass Mirja stabil in die Intensivstation verlegt werden musste, ging ich zu meiner Tochter. Ich hatte ein wenig Zeit bei ihr zu sein, sie meine Körperwärme spüren zu lassen und auch meine Tränen, bevor ich sie allein lassen musste, um in ein anderes Gebäude der Klinik zu gehen, in dem meine bewußtlose und beatmete Frau lag. Seltsam ruhig und fast wie in Zeitlupe liefen all diese Dinge ab. Nachdem ich bis fast 22:00 Uhr versucht habe Emilia noch hinüber auf die Intensivstation zu bekommen, damit Mirja sie sehen kann, wenn sie aufwacht, musste ich einsehen, dass das nicht möglich war und gefährlich für Emilia (Keime, der lange Weg etc.). Emilia schlief friedlich und Mirja brauchte mich nötiger, also verbrachte ich die Nacht bei Ihr auf der Intensivstation.

Ich hätte mir nicht gedacht, dass mein Vatersein so anfangen würde. Die Angst übrigens, es könnte etwas passieren verläßt mich bis heute nicht. Es ist, als ob an diesem Montag eine Sicherheit vergangen wäre und Angst um die Liebsten, die man hat, Einzug gehalten hätte. Bedeutet Vater sein, Angst um seine Kinder zu haben? Negativ ausgedrückt bestimmt, positiv ausgedrückt ist es ein altes Gefühl: Der Wunsch das der Mensch, der mir anvertraut wurde, das bestmögliche und sorgenfreiste Leben geniessen kann, dass für sie oder ihn möglich ist.

Ich erkannte, dass ich schon lange Vater bin – es gibt viele Kinder in meinem Leben, kleine und große, Menschen, Persönlichkeiten, die mir am Herzen liegen, um die Angst habe und für die ich das Beste will. Das ist das Alte.

Das Neue ist, dass es jetzt eine kleine Person hier in unserer Wohnung gibt, die all das in 51 cm bündelt (ja, sie ist um 1 cm gewachsen!) und lautstark zum Ausdruck bringt, dass es zwei wichtige Menschen gibt. Und einer dieser wichtigen Menschen für sie bin ich, darf ich sein.
Und für die anderen natürlich auch noch. Ich glaube an diesem Montag gab es viele Mütter und Väter, die Angst um Mirja, mich und Emilia hatten und ich kann nur erahnen, wieviele Steine von den Herzen fielen, als die Nachricht durchkam, dass Mirja und das Kind leben. Ich glaube, dass wir in Wirklichkeit eine große Familie sind. Nicht leiblich, aber durch etwas, dass manchmal stärker ist: Ein Liebesband, das von dem Vater selbst ausgeht. War das jetzt ein Post, der Dich weitergebracht hat? Bist Du ein Kind oder Mutter/Vater von mir und: Hast Du eine solche große Familie? Ich wünsche es Dir, weil es das Beste ist, was man haben kann.

Emilia

Emilia

Unsere Tochter Emilia ist da. Sie hat viel Freude und viel Leid gebracht. Am Montag den 29.01.2007 (geändert – da sieht man mal, wie fertig ich war/bin – Danke an Johannes!)ist sie um 14:31 Uhr geboren(50cm, 2950g). Mit einem geplanten Kaiserschnitt ist sie auf die Welt gekommen, weil ein Blutgefäss der tiefsitzenden Plazenta gefährlich war. Und gefährlich war es – am Nachmittag um ca. 15:40 Uhr war ich auf meinen Knieen im Kreissaal, neben mir meine Tochter, im OP nebenan kämpften 3 Oberärzte und der eilig hinzugerufene Chefarzt um das Leben Mirjas. Gott sei Dank waren die Blutkonserven vorbestellt, Gott sei Dank gelang es zum Schluss die Blutung zu stoppen. Es war auf Messers Schneide. Gott hat meine Frau und meine Tochter leben lassen. Ich stehe fassungslos dar und bin dankbar, dass beide leben. Die ganze Geschichte gibt es persönlich. Mit Klick auf das Foto oder hierhin gibt es die ganze Fotostrecke.