Peter Aschoff schreibt über „Sünde, Kreuz und Bekehrung im Horizont der Postmoderne“

Gehalten hat er diesen Vortrag auf der Tagung des AfeM (Arbeitskreis für evangelikale Missiologie). Mit Vergnügen habe ich festgestellt, dass Prof. Dr. Klaus W. Müller 1. Vorsitzender dieses Arbeitskreises ist – an der FTA mit Sicherheit einer der wenigen Dozenten, die mich nachhaltig menschlich und missionarisch geprägt haben durch seine Offenheit und seine wachen Fragen (er hat dort nicht immer einen leichten Stand…). Peter demonstriert in diesen 15 Seiten für mich einmal mehr, warum er ein Doktor der Theologie ist: Messerscharf, fundiert und klar positioniert er nicht nur sich, sondern liefert mit der Anwendung der Spiral Dynamics Theorie (Don Beck, Christopher Cowan) auch einen integrativen Neuansatz für das Verstehen von Sünde, Kreuz und Bekehrung. Dabei zitiert er von Berger über Bonhoeffer bis hin zu Nick Hornby oder Jonny Haeusler (besser bekannt als „Spreeblick„) und N.T. Wright, LeRon Shults, Rollins und noch einige andere…

Der Artikel ist sehr lesenswert, wobei ich darauf hinweisen möchte, dass er etwas Konzentration (Am besten Ausdrucken, Schreibtisch, Stift, Notizblock und die Frage im Vorfeld für sich selbst geklärt: „Wie verstehe ich selbst Sünde, Kreuz und Bekehrung“?), Zeit (realistisch? Ich würde sagen ca. 45-60 Minuten, je nachdem wie man in der Materie drinsteckt oder auch nicht) und Offenheit (immer getreu nach dem Motto von Snoopy, der den perfekten Titel für ein theologisches Buch gefunden hat: „Ist Dir je der Gedanke gekommen Du könntest Dich irren?“) braucht. Hier nochmals der Link zum Runterladen. Ein wenig heretische Orthodoxie (ein Begriff von Pete Rollins aus dem Buch „How (not) to speak of god„) kann auch nicht schaden. Immerhin wurde der AfeM vorher davor gewarnt Peter einzuladen…

Glauben und Handeln und warum die Emerging Church 2008 noch nicht am Ende ist…

Nachdem ich einen Post von Sebastian Heck („Post-modern“ oder „most“-Modern) kommentiert habe, in dem ich mit der Frage nach der Orthopraxie also dem richtigen Handeln (Punkt 5.) zum Schluss gekommen bin, dachte ich mir: Gutes Thema um selbst etwas schreiben.

Vielerorts wird vieles gedacht und geschrieben – seit dem es Blogs gibt sogar noch mehr und schneller als zuvor, weil man nicht warten muss bis ein Buch zum Thema erscheint – irgendwer bloggt darüber (versucht es selbst: Bei Technorati einen Begriff eingeben und staunen…). Man diskutiert und fragt sich Sachen wie:

Was ist Theologie, was ist Emerging Church, ist Brian McLaren ein Ketzer oder ein Reformator, Leben wir in der Postmoderne oder ist die Emerging Church eigentlich nur die Vorstufe des Abfalls vom Glauben? Antworten gibt es viele oder keine und wir bleiben im Gespräch.

Natürlich mengt sich in diese Fragen nach dem richtigen Glauben (nach der Orthodoxie) immer wieder die Frage nach dem veränderten Handeln, ähnlich meinem Beispiel der Zisterzienser, wo Klosterarchitektur und -leben sich nach der Lehre der Zisterzienser richtete (Danke übrigens für den guten Kommentar von Dirk), aber da wir zumeist nur virtuell diskutieren bleibt es bei dem Diskutieren und geht selten in die Praxis. Es sei denn wir erzählen unsere Sicht der Praxis und lassen andere daran teilhaben. Ich stelle fest, dass mich diese Geschichten am meisten interessieren, weil in ihnen unser Denken, unser Ringen um Orthodoxie, Ausdruck findet. Ich finde sie aber nur selten und ich denke das dies auch am Medium, Internet und an unserer Bescheidenheit (‚Wen soll interessieren wie unser Gottesdienst aussieht?‘ oder ‚Wie sieht das aus, wenn ich jetzt über den Gottesdienst schreibe, den ich vorbereitet habe?‘).

Ich selbst habe meinen letzten praktischen Beitrag vielleicht hier geschrieben oder hier, je nachdem wie man das sehen mag. Dabei ist unser Handeln so wichtig geworden, vielleicht zu der einzig hörbaren Botschaft. Oft, wenn ich diese Diskussionen lese, muss ich mich zügeln nicht zu schreiben: Und wie sieht das praktisch aus? Was tust Du, wenn du zu diesem Ergebnis gekommen bist? Wenn du zu dem Ergebnis gekommen bist, dass xyz der bessere Weg wäre, warum tust du abc?

Versteht mich jetzt nicht falsch, denn ich möchte nicht Aufpasser spielen, sondern bin echt daran interessiert, wie Handeln und Glauben zusammen passt. Und beides muss zusammen passen. Ich bin auch daran interessiert (Stichwort Dialog) wie Andersglaubende handeln und wo die Unterschiede sind. Kester Brewin hat eine interessante Vorhersage gemacht (Die Ron Kupsch, verzeih bitte, überinterpretiert hat mit seinem Post „Kommt für die Emerging Church 2008 der Kollaps?“ – Hufi hat hier zu Recht darauf hingewiesen, dass das anders gemeint war – aber die Ãœberschrift war zu… spektakulär..denke ich…):

2008 will be about … …the collapse of the emerging church as a popular project“ in den Kommentaren spricht er aber etwas anderes an:

Not that I think that that means ‚game over‘ for all that people like Emergent stand for – far from it actually – but I think people may increasingly assimilate those ideas into their practice without taking the name. (I think for some time this has been foreseen in the collapse in usefulness of the term ‚emerging church‘, which is so tired as a phrase it has begun to mean nothing.)
I think people have become tired of a whole lot of talking, and want to see things actually happen… and when stuff actually happens, it tends to be quieter and create less internet hum than the talking about it. But it’s just a hunch.
“ (Hervorhebungen von mir, Quelle: Kester Brewins Blog)
Ich übersetze den für mich bedeutsamen Satz: „Ich glaube dass die Leute müde geworden sind über diesen endlosen Gesprächen und jetzt die Umsetzung davon herbeisehen…und wenn dann die Sachen tatsächlich ins Rollen kommen, dann wird es zumeist ruhiger und es gibt weniger Internet-Berichterstattung, als wenn man nur darüber redet ‚zu handeln‘.

Ich bin davon überzeugt, dass es eine Balance geben muss und versuche in meinem Leben diese Balance neu zu finden, neu zu verhandeln. Denn zu oft ist der Schein des Handelns wichtiger als das Handeln selbst, als wären wir ein Generation von Internet-Posern geworden, denen leider die Substanz fehlt. Aber ich habe Hoffnung für mich und auch für die Leute, die sich danach sehnen, dass etwas passiert: Begegnungen, Beichte, Berichte, Geschichte und Geschichten. Echte Kontakte und Lebens und Kulturveränderung indem wir mit dem zusammenarbeiten, der unser Handeln schon vorbereitet hat: „Denn was wir sind, ist Gottes Werk; er hat uns durch Jesus Christus dazu geschaffen, das zu tun, was gut und richtig ist. Gott hat alles, was wir tun sollen, vorbereitet; an uns ist es nun, das Vorbereitete auszuführen“ (Epherser 2, 10 nach der NGÃœ). Ich glaube das viele echte Kontakte und mutige Fragen uns gemeinsam weiter bringen.
Ich würde gern 2008 viele Berichte über Handeln schreiben und lesen. Und nicht Handeln, um zu schreiben oder lesen, um zu zerreden, sondern um zu lernen, beim Handeln und beim Lesen. Wie sieht es bei dir aus?

Vorbildlicher Dialog: „Was sind die Alternativen?“ und „Wie postmodern ist unsere Gesellschaft?“

Sehr gefreut, wenn auch noch nicht mit einem Post bedacht, habe ich mich über Mike Bischoffs Frage „Was sind die Alternativen?„. Hier greift er die teils berechtigte Kritik seitens einiger Blogs auf und eröffnet einen Dialog mit Sebastian Heck (Lebensquellen), Ron Kupsch (Theoblog) und Nunita.info (Verax Institut) (Nebenfrage: Kennt ihr Euch eigentlich? Ist schon interessant, dass keiner den anderen in dem jeweiligen Blogroll verlinkt).

Seine Frage „Was sind die Alternativen?“ empfinde ich als sehr berechtigt, zumal ich sehr viel in systematischer Theologie in Auseinandersetzung mit der reformierten Theologie gelernt habe und konstruktive Stimmen aus dieser Richtung, wie Mike auch, eher vermisse. (In meinem Feedreader habe ich Sebastian Heck schon lange und Ron Kupsch immerhin seit seiner ‚Zeitgeist‘-Rezension und FTA Plenum) Sebastian und Ron haben auch geantwortet und in meinen Augen ist ein vorbildlicher Dialog entstanden, der fair und gut recherchiert abläuft. Sebastian stellt in seinem Antwortpost die Frage: (verkürzt dargestellt, aber ich habe es auch so verstanden, Mike) Leben wir überhaupt in der Postmoderne? Stimmt das denn, was die Emerging Church Leute uns da erzählen?

Das habe ich mich auch schon gefragt – wunderbar ist, dass Mike hierzu schon einen Artikel verfasst hat und fundiert und balanciert antwortet (Wie postmodern ist unsere Gesellschaft?). Sein Hinweis, dass es einen Unterschied zwischen der Postmoderne als Architektonischer Bewegung sowie der philosophischen Postmoderne und der Philosophie der Straße (Bei Mike „Hütte des Lebens“) gibt ist genau die Richtung in der ich auch denke und letztere interessiert mich wesentlich mehr. „Die Welt ist im Wandel“ und unsere Gesellschaft mit ihr. Gerade die Trennung zwischen dem Elfenbeinturm der Theologie (und Philosophie) und dem Staub der Straßen ist etwas, das ich weder leiden noch leben kann. Darum gibt es auf diesem Blog zumeist auch keine hochtrabende Theologie, sondern Tagebucheinträge, sichtbare Gedanken, Fragen, aber wie ich hoffe eben viel praktisches. Dennoch ist mir der Wert von Reflexion und dem kritischen Hinterfragen über der offenen Bibel sehr bewusst. Gerade darum finde ich den stattfindenden Dialog so vorbildlich und freue mich auf die Fortsetzung und auf die praktischen Antworten, das Vergleichen der Praxis ohne die Theologie nur leere Worthülsen drischt. Ich glaube, dass wir voneinander lernen können. Und müssen. Das ist ein globales Ding, das den ganzen Leib Christi angeht. Weiter dran bleiben, weiter reden, weiter lernen. Gibt es noch mehr gute Dialoge da draußen? Ich freue mich, wenn ich wieder ein paar Links mehr setzen kann…

UPDATE am 05.01.08: Gerade hat Ron Kupsch eine balancierte Antwort zu Mikes Post geschrieben. Ich finde das Gespräch spannend und lehrreich, wenn auch auf einem Niveau, das dem Nicht-Philosophiestudenten, Nicht-Soziologen, Nicht-Theologen das Lesen erschwert…

Die Zisterzienser und die Frage nach der Praxis

Bild von Amazon: DIe ZisterzienserEs gibt immer wieder Weihnachtsgeschenke, die nicht die Hüften dick machen, sondern eher den Kopf. Meine Schwiegermutter hat wieder einmal ein solches ausgesucht und mir geschenkt – den sehr fein aufgemachten Bildband „Die Zisterzienser: Geschichte und Architektur„. Anders als so viele andere Großformatige Bücher enthält dieser eine exzellente Einführung in die Geschichte des Erneuerungsordens, eine Einordnung in den geschichtlichen Kontext und weiterführend dahin wie sich die Architektur der Klöster verändert hat, um deren theologische Anliegen widerzuspiegeln. Bernhard von Clairvaux trieb dieses Anliegen voran:

Es sollte ein Kloster gebaut werden, das den Mönchen einen Rahmen für ein ausgeprägtes Gemeinschaftsleben bot.“ (Die Zisterzienser, S. 39)

Ich finde es faszinierend, dass die praktische Frage wie man ein Kloster baut so eng verknüpft ist mit den geistlichen Erneuerungsprozessen, die die Zisterzienser gebracht haben. Waren die Benediktiner zu stark verweltlicht, so war die Antwort der Zisterzienser, ind er Rückbesinnung auf die ursprüngliche Benediktsregel, darauf:

Wenn möglich, ist das Kloster so anzulegen, dass alles Notwendige … innerhalb des Klosters ausgeübt werden kann. So brauchen die Mönche nicht draußen umherzulaufen, was ja ihren Seelen keineswegs zuträglich ist.“ (Benediktsregel, 66.1 und 66.6-7 in „Die Zisterzienser“, S. 49)

Ich glaube wir leben in einer Zeit der theologischen Umbrüche und der Erneuerungsfragen – denn das Fragen, Nachfragen, Hinterfragen von althergebrachten Denkmustern wird an vielen Stellen öffentlich (z.B. im ZeitGeist-Blog). Spannend wird es für viele jedoch erst, wenn es darum geht, was diese Fragen und Diskussion für praktische Auswirkungen haben. Und da inspirieren mich die Zisterzienser: Wie müsste ein Gebäude aussehen, das die Veränderung widerspiegelt? Wie müsste eine Ordensregel aufgestellt sein, die Produkt dieser veränderten Theologie ist? Ich bin (hoffentlich) reflektierter Praktiker und darum sehr an den Auswirkungen interessiert, die der Prozess in dem ich selbst stehe und in dem ich mit anderen unterwegs bin, zeigen wird. Wie werden neue Gemeindeformen aussehen, wenn sich die Ekklesiologie erneuert, wie müssen sie praktisch aussehen, um die Veränderung widerzuspiegeln?

Wir leben in einer spannenden Zeit, genau wie die Zisterzienser in einer spannenden Zeit gelebt haben und ich bin gespannt, wie die Antwort auf unsere praktischen Fragen, jenseits der Elfenbeintürme der Theologie, aussehen wird.

Li(n)king

Mal ein Beitrag zum Verlinken und dem Zusammenhang zum Dialog. Ich hinke bei meinen Blogroll chronisch hinterher, aber ich habe mich entschlossen über die Feiertage dem etwas nachzuhelfen. Vor allem ist mir aufgefallen, dass ich Leute, die anders denken als ich und die damit wertvolle Dialogpartner sind, kaum auf meinem Blogroll habe.

Wie dumm von mir! Ich habe mir vorgenommen den Dialog, den Austausch, die „Emerging Conversation“ ernst zu nehmen und da kann ich auch von Leuten lernen, die anders denken als ich. Natürlich will ich aber auch die Leute ehren, die in die gleiche Richtung denken und auch von ihnen lernen. Darum: Mein Blogroll wächst und wird weiter wachsen – wie sieht es mit Deinem aus? Wäre es nicht an der Zeit mal neue Leute dazu zu nehmen? Ich habe vor einiger Zeit dazu schon einmal etwas geschrieben und jetzt, da Emergent Deutschland ein Netzwerk ist und ein Dialog vielerorts von statten geht wäre es doch eine nette Sache.

Also li(n)king! 🙂

Emergent Forum in Erlangen mit Brian McLaren und Jason Clark: Der Samstag

Ich fahre mal fort mit meinem Tagebuch über die Zeit mit Brian McLaren und Jason Clark. Der eigentliche Höhepunkt des ganzen war das Emergent Forum am Samstag und Sonntag in Erlangen. Zu Gast waren wir da bei der Elia-Gemeinschaft. Nach der Nacht, die nicht so angenehm war, weil es tatsächlich mindestens einen Schnarcher unter uns gab (…ich nenne keine Namen…) entrollte sich der Tag.

Irgendwie war es von den Umständen her schwieriger – es war mir klar, dass es kein organisiertes Frühstück gibt, dennoch hatte ich verpasst was zu besorgen, also musste ich am Morgen zum Bäcker und was holen – auch für die Leute aus Karlsruhe, die da waren (Nele, Sabbe, Beni – ich bin forh, dass ihr mit dabei wart!) – spätestens nach dem leckeren Cappuccino von Wolf (der Barista und das Café Herz des Forums) ging es mir wieder einigermaßen. Brian hat an dem Morgen einiges zu sagen gehabt und die Stimmung war irgendwie intimer, kollegialer als auf den Studientagen. Das Mittagessen in der Gemeinde zu haben war super, so hatten wir alle genug Zeit uns untereinander kennen zu lernen. Das haben viele auch als sehr positiv bewertet. Zeit zu haben ist heute ein Luxus, ein Vorrecht. Gespräche, Kontakte, Netzwerke, aber vor allem einfach Leute. Offline, humorvoll, herzlich. So ging es auch in die Workshops und die Open Space Zeit am Nachmittag – meine war ein wenig unterbrochen dadurch, dass ich Jason zum Flughafen bringen musste (ich tat es gern). So konnten wir uns noch ein wenig über „Consumerism und Christianity“ unterhalten. Da zu in einem Reflektionspost über Konsumreligion mehr…

Am Abend hat mir Brian einfach mit dem Video und seiner Patriarchen-Schlange (wie sehen wir Jesus? Durch Abraham, Moses, Josua, Jesaja oder vielleicht doch eher durch Paulus, Petrus, Johannes?) und durch seine Aussagen, wie Theologie entsteht und wie man anders denken kann (auch das ist einen eigenen Post wert…) sehr geholfen. Der Tag ging mit einem weniger gemütlichen „Schlüsseldienst“ zu Ende, der aber auch dazu gehört hat. Irgendwie war das alles so ein Rausch und ich würde gern beim nächsten Forum mehr Zeit haben. Aber das ist vermutlich utopisch…

Und wenn ihr mit IDEA etwas anfangen könnt…

…dann ist es sicherlich interessant die Antwort und Diskussion zwischen Helmut Matthies und einigen anderen verfolgen, die sich auf der Emergent Deutschland Seite entsponnen hat.

Ich finde es gut, dass das Internet einen Vertreter der deutschen evangelischen Allianz, den Chef von IDEA und zahlreiche (44 Kommentare bis jetzt) gleichwertig nebeneinander stellt und jedem eine Stimme gibt und diese auch lässt. Vielleicht ist hier ja die neue Disputationsplattform zu finden, die Gerhard in einem der Kommentare anspricht. Ich freue mich aber auf jeden Fall über das Gespräch und wünsche mir, dass noch manche Missverständnisse aufgeklärt werden können.

Brian McLaren und Jason Clark in Deutschland: Der Freitag

Doku-Zentrum Nürnberg Bildrechte verbleiben beim DokuZentrumDer Freitag stand ganz im Zeichen des DokuZentrums Nürnberg. Ich hatte ja am Dienstag schon mit Brian über die NS Zeit gesprochen und er äußerte den Wunsch, wenn möglich, ein Konzentrationslager zu besuchen. Peter hatte die Idee doch das DokuZentrum im Reichstag in Nürnberg anzuschauen und gesagt, getan. Ich war noch nie dort und freute mich ebenfalls darauf und wurde nicht enttäuscht. Hier fanden die riesigen Reichstagsvernastaltungen der Nazis statt. „Wie konnten die Nazis nur die Menschen so in ihren Bann schlagen?“ habe ich mich oft gefragt. Ein Stück der Antwort steckt in dieser Ausstellung. Die von den Nazis veranstalteten Reichstage waren riesig, Events, die durchaus einen religiös-fanatischen Charakter hatten. Weiterlesen

Jason Clark und Brian McLaren: Der Donnerstag

Da ich bis jetzt nur über den Dienstag und den Mittwoch geschrieben habe folgt jetzt meine Erzählung des Studientages am Donnerstag in Hamburg. Wieder ein wenig persönlich und vielleicht nicht so stark theologisch reflektiert.

Gleich morgens im Frühstücksraum traf ich Michael Herbst, einen netten ruhigen Mann, der Zeitung las und offensichtlich auf Brian und Jason wartete, die auch nach ein paar Sätzen kamen. Schade, ich hätte mich gern noch ein wenig mit ihm unterhalten. Unsere Hotelwirtin (eine waschechte Hamburgerin im Hotel „Alt-Nürnberg“ wie kurios) machte es sich unterdessen zur Aufgabe uns zu verwöhnen – selbstgekochte Marmelade und unzählige Leckereien und wieder: Nette, normale Gespräche. Das ist vielleicht ein gutes Wort für die ganze Zeit „ordinary“. Wieder keine Spur von „die Größen der Theologie/Emerging Church/Kirche“ treffen sich, sondern nette Leute lernen sich bei einem guten Frühstück kennen. Weiterlesen

Emergent und Idea

Eine der Randerscheinungen der Tage mit Jason Clark und Brian McLaren war die Begegnung mit IDEA Spektrum. Während meiner Studientage habe ich dieses Blatt immer mal gelesen und mich öfter mal fürchterlich aufgeregt über den in meinen Augen häufig unreflektierten Schreibstil und die Tendenzen, die man darin findet.

Über die Berichterstattung in Bezug auf Brian McLaren war ich einigermassen überrascht, der Artikel von Helmut Matthies (Helfen uns immer neue Bewegungen?), seines Zeichens Chef von IDEA, hat mich dann nicht überrascht. Wie immer. Nicht zu ändern, dachte ich immer. Gut, dass es auch andere gibt, die lesen und formulieren können. Die Koordinatoren von Emergent Deutschland haben dann zusammen reagiert und vieler meiner Gedanken Worte gegeben. Heraus gekommen ist ein offener Brief an Herrn Matthies von IDEA, der auf der Emergent Seite veröffentlicht wurde.

Ich unterstütze diese Aktion gern.

Brian McLaren und Jason Clark: Der Mittwoch

Ein wenig weiter aus meinem Tagebuch:

Etwas müde geht es Mittwoch morgen los. Frühstück und erste Gespräche. Es sind witzige Leute, die einen guten Sinn für Humor haben. Mittlerweile hat sich mein Englisch wieder eingestellt und die Verständigung klappt ganz gut. Auf geht es zum ersten Studientag in Tabor – ich bin etwas nervös – klappt das alles? Nachdem wir angekommen sind baue ich die Kamera auf und sitze hinten mit zur Besprechung und dem Gebet mit dem Schulleiter von Tabor und noch zwei, drei anderen Leuten. Der Saal füllt sich – es sind mehr Leute als gedacht. Ca. 300 haben sich aufgemacht und ich sehe bekannte Gesichter. Ich habe zu wenig gelesen, um einschätzen zu können, was Brian sagen wird – mein Eindruck bis jetzt war eher: Wie kann ein so netter Mann so viele Kontroversen auslösen? Er erklärt was Emerging Church ist und hält dabei eine wunderbare Balance zwischen einer Verengung des Begriffs und einer Zerfaserung in „Was emerging church alles noch so sein kann“. Wie er das macht? Er wechselt das Bild:Kuchen?

Emerging Church ist nicht ein neues Stück vom ohnehin schon zu stark aufgesplitterten Kuchen. Aber das ist genau das, was viele Leute denken. Emerging Church ist die nächste Welle, die Willow Creek ablöst und es gibt jetzt bald Bücher, Videos und was weiß ich…

Vielmehr ist emerging church das, was man im Bild eines Baumes verstehen kann. Ein Baum wächst in die Breite, jedes Jahr ein Jahresring mehr. Hier findet seine Auseinandersetzung mit der Umwelt statt. Weiterlesen

Brian McLaren, Jason Clark und Emergent Deutschland

Noch etwas müde sitze ich wieder zuhause und versuche ein wenig die letzten Tage zu reflektieren. Am Dienstag den 27.11. kamen Brian McLaren und Jason Clark am Flughafen in Frankfurt an und ich durfte zusammen mit Peter Aschoff ihr Begleiter und Fahrer bis Sonntag sein. So kam ich in den Genuss drei wunderbare, humorvolle, spontane, witzige Menschen zu erleben, die enorm viel zu sagen haben. Es wird einige Posts brauchen, bis ich meinen Eindruck erklärt habe.

Die Eckdaten sind erst einmal:

Mittwoch: Studientag 1 in Marburg mit ca. 300 Teilnehmern. Wunderbarer Tag, alle noch frisch und ausgeruht, viele Gespräche und Kontakte, z.B. zu Gofi Müller oder einem der Dozenten am CVJM Kolleg in Kassel. Und natürlich in allem Brian und Jason. Hammerleute.
Donnerstag: Studientag 2 in Hamburg. Nach langer Fahrt und kurzer Nacht überraschend in der St. Petri Kirche in Hamburg, direkt an der Mönckebergstrasse. Das Gemeindehaus war zu klein. Tiefebene, den ich dort getroffen habe (und auch mal offline getroffen Pastor Sändy) bloggt zwölferlei über diesen Tag. Brian, Jason und Peter fahren von Hamburg mit dem Zug zurück, weil es schneller geht. Tobias Künkler ist aber mein Beifahrer und wir haben jede Menge Spass und endlich mal Zeit zum Reden. Tolle Sache. (ein kleiner Bericht von der emergent Seite)
Freitag:
Tagsüber mit Brian, Jason, Peter, Tobias und seiner Freundin Mareike in das Doku-Zentrum im ehemaligen Reichstagsgebäude gewesen. Krasse Ausstellung. Die NS Zeit ist etwas, das man ein ganzes Leben lang verstehen lernt. Und mit der Sicht eines Engländers und Amerikaners noch einmal tiefer. Abends erzählt uns Brian etwas über sein neues Buch „Everything must change“. Geschichten. Spannend.

Ich stoppe mal hier – es soll ja nur ein Appetitanreger sein. Es ist viel wichtiges passiert. Die Vorträge und Materialien wird es auf emergent-deutschland geben. Ein paar Bilder schon hier.

Ãœber „nachvollziehbar“

Simon postet mutig (ich denke, er hat vorher gefragt, ob er dieses Gespräch posten darf…) ein Zwiegespräch zweier Leute auf dem Symposium in Greifswald. Darin unterhalten sich zwei über ein Café das die Gemeinschaft des einen betreibt. (Lest es einfach es lohnt sich!)

Ganzheitlichkeit und Gottes Botschaft ausleben ist immer noch ein radikaler Schritt. Ich bin glücklich aber auch hier nicht viel sagen zu müssen (bald wacht meine Tochter auf und der Umzug rückt immer näher), denn Hufi macht sich sehr gute Gedanken. Ich darf ein wenig zitieren, Hufi?

„Neben der Frage, ob etwas nachvollziehbar ist, über die ich gestern schrieb, gibt es noch einen weiteren wichtigen Grund, warum es traditionell-evangelikal denkenden Menschen schwer fällt, “emergentes” Handeln und Denken zu verstehen: Die aufgehobene Trennung zwischen säkular-weltlichen und sakral-göttlichen Dingen.
Eddie Gibbs & Ryan K. Bolger schreiben darüber in Emerging Churches ein ganzes Kapitel (Kapitel 4: “Transforming Secular Space”):

Bei “Sakralisation” [dem Prozess alles im Leben sakral/geistlich/heilig zu machen] geht es in Emerging Churches um eine Sache: Die Zerstörung der sakral/säkular-Aufteilung der Moderne. Die Moderne war geprägt von der Geburt der Idee des säkularen Raums, das ist die Idee eines Bereichs ohne Gott. Vor dieser Zeit waren in jeder Kultur alle Bereiche des Lebens geistlich; es war unmöglich einige Handlungen als “religiös” und andere als nicht zu bezeichnen. […]
Der Postmoderne (oder Nicht-Moderne) geht es um die Heiligkeit des ganzen Lebens. Für Emerging Churches bedeutet das, das ganze Leben an Gott in Anbetung zu übergeben und das Handeln Gottes in ehemals ungeistlichen Dingen oder Aktivitäten zu erkennen.

[Gibbs/Bolger, Emerging Churches, 66 – eigene Ãœbersetzung]

Wenn ich von dieser sakral/säkular-Aufteilung ausgehe, kann ich natürlich den Sinn eines Cafés ohne klar evangelistisches Ziel nicht so gut erkennen. Auf diese Trennung bzw. auf die Nicht-Trennung weisen auch Onkel Toby und Depone in ihren Kommentaren hin.“ (Quelle: Ein Augenblick.de)

Ich muss bekennen, dass ich das immer noch nicht wirklich verinnerlicht habe, sondern zunächst noch immer eine gedankliche Schranke überwinden muss, denn Prägungen verschwinden nicht leicht. Ich kenne Gespräche dieser Art und das „Nicht verstehen können, warum man etwas so und nicht anders macht“. Neulich hat mir jemand gesagt: „Nachdem ich den Blog Tiefebene“ gelesen habe, habe ich endlich verstanden, was du sagst. Gut, dass es so viele Leute gibt, die sich über ähnliche Sachen Gedanken machen und dann auch noch darüber schreiben.

Vriesland bestimmt den Standort…

der Emerging Bewegung in Deutschland. Interessant, gut recherechiert und sehr lesenswert (Auszug):

„Was wird aus Emerging in Deutschland?

Kurz gesagt: Ich habe keine Ahnung und wahrscheinlich hat das zu diesem Zeitpunkt niemand. Dennoch einige Gedanken, die ich zur Diskussion stelle:

1) Zunächst: Ich glaube nicht, dass “Emerging” als Begriff und als Bewegung die Bedeutung in Deutschland erlangen wird, die sie in den USA hat. Das liegt aus meiner Sicht vor allem daran, dass sie insbesondere im (ehemals) evangelikalen Lager einflußreich ist und dieses ist in den USA einfach viel größer als in Deutschland. Wir brauchen uns auch nix vormachen – bisher hat nur ein verschwindend geringer Prozentsatz der deutschen Christenheit den Begriff “Emerging Church” überhaupt mal gehört (gar nicht zu sprechen davon, dass es kaum jemand gibt, der erklären kann, was damit gemeint ist).

2) Dennoch denke ich, dass wir eine Menge aus der ganzen Emerging-Diskussion lernen können, besonders wenn es um “missionales Denken” geht (diese Terminologie wird auch in amerikanischen Mainline-Kirchen eher verwendet als “emerging”, ist aber eng verwandt). Dann die Debatte über das Ende der konstantinischen Ära. Die Frage von Gemeindegründungen. Die Neuentdeckung von Missiologie und Ekklesiologie. Alles Themen, die im Zentrum der Emerging-Diskussion stehen und aus meiner Sicht für die deutsche Christenheit absolut dran sind. Vieles passiert schon in dieser Richtung und wenig davon nennt sich “emerging” und das ist auch in Ordnung so.“ (der ganze Post)

Simon, Autor des Posts, studiert am Fuller Theological Seminary und liest ganz schön viele Blogs, glaube ich. Das bedeutet, dass er und seine Familie gerade nicht in Deutschland weilt und eine Aussensicht der ganzen Geschichte am Start hat. Das ist auf jeden Fall hilfreich, denn hier in Deutschland, in der „Szene“ in der man sich bewegt kommt einem vieles anders vor. Prophetisch scheint mit der Satz zu sein: „Die Neuentdeckung der Missionlogie (Lehre von der Mission) und der Ekklesiologie (Lehre von der Gemeinde)“ – doppeltes Ja, auch wenn ich beide Begriffe nicht mehr so trennen würde, wie die Systematische Theologie (da wollt ihr vielleicht gar nicht so genau wissen, was das ist).

Danke ins Vriesland und ich hoffe, dass darüber gesprochen wird. 🙂

Kreativität reloaded – vom Aufstieg der „Kreativen Klasse“

Es ist doch zuweilen erstaunlich, was einem so in die Hände fallen kann, wenn man seine Unterlagen mal digital durchgeht (in dem Fall meine heruntergeladenen pdf’s mit dem nützlichen kleinen Programm „Yep“ – nur für Mac) durchgeht. Ein Artikel von Matthias Horx aus dem Jahr 2004 – drei kurze Jahre her. (Ãœbrigens hat Horx vieles von Richard Florida, The Rise of the creative Class, Basic Books, 2002)
Der Zukunftsforscher untersucht und sagt den Aufstieg der „Kreativen Klasse“ voraus – 2007 ist davon schon einiges in Erfüllung gegangen – die Bendingungen für den Aufstieg der Kreativen benennt Horx folgendermassen(ich zitiere den Artikel):

  • Die veränderte Bedeutung der Innovation im Wirtschaftsprozess. Bei hyperkonkurrenten globalen Märkten und ständig sinkenden Margen ist die Erschließung von INNOVATIONEN (in Form neuer Marketing-Methoden, Produkte,Geschäftsfelder oder operativer Methoden) wesentlich: „Es geht in der modernen Wirtschaft nicht mehr darum, mehr zu kochen, sondern entscheidend bessere Rezepte zu finden!“
  • Die gewaltige Expansion des „Medien-Entertainment-Komplexes“. Unser Alltag wird radikal medialisiert, und immer mehr Menschen geraten in den Sog medialer Öffentlichkeit, die ihre eigenen Hierarchien und „Karriereleitern“ ausbildet. (man denke an Phänomene wie die Reality-Shows, Starmania oder Bohlen oder Küblböck). Auch Köche oder Friseure können oder MÃœSSEN heute Medienstars sein, auch Manager können sich nicht mehr diskret im anonymen Raum bewegen.
  • Die Auflösung der fixierten Arbeitsverhältnisse. Die alten Loyalitäten der Arbeitswelt – garantierte Karriere, lebenslanger Arbeitsplatz – lösen sich in den Freisetzung- und Rationalisierungswellen endgültig und rapide auf. Damit entsteht auf der einen Seite Unsicherheit, auf der anderen Seite werden große Mengen kreativer Energie freigesetzt, die von den schlankeren Unternehmen auf dem Wege des Outsourcing wieder eingekauft werden…

Auf diese veränderten Bedingungen reagiert die „Kreative Klasse“ ähnlich, wie es die Menschheit schon tausende Jahre vorher getan hat: Sie verändert ihre Art und Weise zu arbeiten und zu denken. Unmerklich – ein Beispiel aus meinem Leben? Ich habe mir einen Mac gekauft und drucke jetzt viel mehr bunt. Layout und Design ist ein wichtiger Faktor geworden. Ästhetik spielt eine große Rolle – aber weiter im Artikel mit der Frage:

Wer gehört zur „Kreativen Klasse“? Weiterlesen