Missionale Gemeinde in „Zeitgeist“ (Teil 7)

Kennzeichen und Merkmale einer „Missional Church“ sind laut Tobias Faix und Mike Bischoff (Danke an Daniel, der mich an den Zeitgeist Blog erinnert hat und darauf hingewiesen, dass genau dieser Artikel dort auch zum Download angeboten wird. Also: klicken, laden, lesen!)

„Wachsende Sicht, dass die Gemeinde Familie ist und man zusammen als Gemeinschaft „on a mission“ ist.“

Die Gemeinde als Familie – wenn ein Satz schon seit wirklich 17 Jahre in mein Gehirn und mein Herz gebrannt ist, dann dieser. Warum? Persönliche Erfahrung! Schon früh hat mich das mit-leben in einer anderen als meiner Ursprungsfamilie in die Beziehung zu Gott gebracht, auf meinem Weg gibt es einige „Familienstationen“ und ohne diese wäre mein Leben kaum denkbar gewesen. Heute ist meine Bezeichnung für die Wohnung, unsere Jugendgemeinschaft „Teil der CVJM Familie“ und als Familie verstehe ich diese Gemeinschaft und als nichts anderes. Ich habe dort gleichberechtigte Schwestern und Brüder, Väter, Mütter, Cousins und Cousinen und damit auch das ganze Spektrum der Familienprobleme mit dabei. Was uns dabei vereint ist eine Sendung, eine Mission, ein Auftrag – dieser Auftrag kann immer wieder dafür sorgen, dass Familie nicht in der Erhaltung ihrer Strukturen und Reproduktion immer gleicher Verhaltensweisen und Werten endet, sondern als Ziel die Eingliederung, die Aufnahme weiterer Familienmitglieder hat. Familie und Essen gehört zusammen und der Liebesquotient einer Familie beweist sich vermutlich hier auch in besonderer Weise: Man sorgt für den anderen. Familie ist dabei beides (wie Gemeinde) Zweckgemeinschaft und Versorgungsgemeinschaft in einem.

Versuch aber mal in deiner Familie nur Nutzniesser zu sein – nur Fordernder. In einer gesunden Familie funktioniert genau dies nicht: Jeder trägt seinen Teil bei, damit die „Familienmission“ Wirklichkeit wird. In der Gemeinde, wie wir sie heute nur all zu oft erfahren müssen geht es problemlos: Wenige arbeiten für das kollektive Wohl, passive Mitglieder werden nicht herausgefordert sich ihren Möglichkeiten entsprechend einzusetzen. Oftmals haben die passiven Mitglieder dabei hohe Erwartungen an die Gemeinde und gerade da kann der organische Aufbau der Familie heilsam wirken – Familie ist zu Höchstleistungen fähig und kann für den anderen sehr viel geben – Mitarbeitendengemeinde verhält sich eher sachlicher und fragt nach den Kosten der Mitarbeiterschaft. Als mein Vater am Dienstag mit Bauchspeicheldrüsen Entzündung ins Krankenhaus gebracht wurde, war mir klar: Wir besuchen ihn und fahren 450km in einer Woche voll Terminen und Herausforderungen (es geht ihm besser und wir waren gestern dort) – das macht Familie. Die Ausrichtung auf das Ziel sich „auf einer Mission“ oder vielleicht besser „mitten in dieser Mission“ zu befinden, verhindert dabei effektiv die Exklusivität der Familie (du gehörst nicht dazu), so dass dieses Kennzeichen viele wichtige Eigenschaften einer missionalen Gemeinde mit einem organischen und uns zumeist allen zugänglichen Bild zusammen fasst.

Zu welcher Familie gehörst Du und hast Du deine Gemeinschaft schon einmal als Familie gesehen?

Missionale Gemeinde in „Zeitgeist“ (Teil 6)

Das sechste Kennzeichen von Missionaler Gemeinde ist:

„Christen werden ungleich mehr abhängig vom Gebet für die Gemeinde, weil sie die Bedeutung der Mission verstehen, in der sich Gemeinde befindet (Johannes 15, 5).“

Dazu kann man nichts sagen oder alles. Nichts, weil Gebet ein Rätsel ist, ein Mysterium, vor allem das Fürbittengebet eine Form darstellt die alles andere als „einfach“ sein kann. Und da sind wir wieder beim alles: Beim Beten kommt es darauf an das Gespräch mit dem Schöpfer zu suchen, eine übernatürliche Konversation zu betreiben und vor allem in der Fürbitte anzuerkennen, dass man weder das Maß aller Dinge noch der Weisheit letzter Schluss ist.

Häufig verpasse ich das, halte Monologe oder denke meine Gebete – zusammen mit anderen ist beten da schon bewusster, irgendwie erscheint der Abstand zu Gott zusammen mit anderen weniger, als würde die Luft dünner – versteht ihr?

Wenn wir versuchen im hier und jetzt entsprechend Gottes Plan Gemeinde zu bauen, sein Reich sichtbarer werden zu lassen, so führt uns das unweigerlich auf die Knie – es gibt so viele ungelöste Fragen, so viel Fehler, die wir jeden Tag machen, so viel an Arroganz, Wichtigtuerei und „Ohne-mich-würde-die -Christenheit-weiterhin-am-Boden-liegen“ Denke, dass mit wenn ich nur mein Leben anschaue regelmäßig schlecht wird. Im Gebet löst sich vieles davon, kommt ans Licht und kann korrigiert werden. Und es bringt die wackelnden Knie und die zitternden Herzen zusammen. Diese Mission der Gemeinde ist zu groß für uns und das ist gut so – wenn wir die Helden wären für die wir uns so oft halten, bräuchten wir das Gebet nicht. Vermutlich wäre es oft besser, wenn uns statt das Hirn vom Denken und die Hände vom Schaffen die Knie vom Beten weh tun würden. Vielleicht wäre auch unser Herz dann nicht mehr so unbeteiligt…

Missionale Gemeinde in „Zeitgeist“ (Teil 5)

So langsam entwickelt sich aus diesen kleinen Posts eine Reihe und das ist auch gut – das nächsten Kennzeichen einer Missionalen Gemeinde laut Toby und Mike ist:

Eltern, die sich selbst als Kirche verstehen, werden ihre Familie gemäß Dtn 6, 4-9 führen und die religiöse Erziehung und Prägung nicht nur der Gemeinde überlassen.

Eltern sind eine seltsame Sorte Mensch. Seit wir Emilia haben verstehen wir etwas besser, warum Eltern manchmal einfach so komisch sind. Anderer Zeitplan, andere Prioritäten, anderer Lebenstil und scheinbar der Wunsch seine Kinder abzugeben, Ruhe zu haben, sich zu entspannen. Bei manchen Eltern hat man sogar den Eindruck, dass es ein hohes Ziel ist möglichst schnell die Kinder bei anderen Erziehern unterzubringen, damit man wieder „sein Leben“ führen kann.

Wenn ihr mich fragt (ich arbeite in der Kinder- und Jugendarbeit), dann ist ein gutes Kinderprogramm für Eltern DER Grund in eine Gemeinde/Gottesdienst zu gehen oder auch nicht. Nostalgische Erinnerungen an die eigene „Kinderstunde“ und die Sorge um die „geistliche Entwicklung“ der Kinder spielen dabei vermutlich eine große Rolle und natürlich auch die Tatsache, dass die Kinder zu einem gut gemachten Kinderprogramm natürlich auch gern hingehen. Wir haben darüber auch schon gesprochen, dass wir uns wünschen, dass Emilia schon früh in eine Gemeinschaft mit anderen Kindern kommt und dabei natürlich auch die Geschichte Gottes kennen lernt – irgendwie „normal“. Schmerzlich wird mir bewusst, wenn ich mir dieses Kennzeichen missionaler Gemeinde anschaue und den Text lese, dass ich eine Verantwortung habe für die Erziehung und das Teil davon auch unser gemeinsames Leben mit Gott ist.

Mir ist klar, dass Eltern weniger Möglichkeiten der Erziehung haben, je älter ihre Kinder (Stichwort: Jugendliche) werden, dennoch steckt für mich in der Ãœberzeugung vieler Eltern, die ich kennen lerne, dass (ich gebe es überspitzt wieder) „man möglichst schnell wieder sein eigenes Leben führen muss und die Kleinkindphase eher die Eltern an der Selbstverwirklichung hindert“ und dass die „Kinder im Kindergottesdienst und der Jungschar eben von Gott hören sollen – das sind ja auch die Experten da und wenn das Kinderprogramm nicht gut genug ist, dann suche ich mir eben eine andere Gemeinschaft“ etwas zutiefst sonderbares.

Immer wieder ist die Familie in der Bibel der wichtigste Faktor – wo sonst lernt man Beziehung mit Gott auf so natürliche Weise kennen. Mir ist schon beim ersten Lesen von 1. Timotheus 3 sehr klar gewesen, warum Gemeindemitarbeiter gute Familienväter sein sollten. Hier haben wir viel verloren, glaube ich und sollten gemeinsam lernen, wie in unseren Familien wieder mehr Platz und Bewusstsein für unser Leben, unseren Weg mit Gott schaffen können. Und die seltsame Sorte Mensch, genannt Eltern, muss unter Umständen neu lernen, dass sie aktiver und präsenter sein muss, vor allem in den prägenden Jahren.

Seitdem wir Kindergottesdienste beim CVJM Gottesdienst anbieten wundere ich mich darüber, dass so wenige Eltern mitarbeiten wollen – die Ansprüche an den Kindergottesdienst sind hoch, aber die Bereitschaft der Eltern (besonders der Väter, sei hier bemerkt) „auf ihren Gottesdienst zu verzichten“ und „Gottesdienst auf Kind gerechte Weise zu feiern“ ist nur sehr wenig vorhanden – zumindest ist seit Jahren ein Mangel an Mitarbeitern im Kindergottesdienst zu verzeichnen – seltsam, oder?

Missionale Gemeinde in „Zeitgeist“ (Teil 4)

Wir sind immer noch bei den Kennzeichen einer Missionalen Gemeinde:

„orientiert am Reich Gottes“

Hm. Hier könnte ich jetzt wirklich Bücher schreiben, denke ich. „Reich Gottes“ das erste Mal bewusst wahrgenommen habe ich diese Kern Botschaft Jesu wohl erst im Studium. Ich war verblüfft, als einer unserer Dozenten davon gesprochen hat, dass Matthäus 4, 23 Jesu Kernbotschaft war. Ich hatte vorher immer gedacht Jesus hätte so eine Art „All you need is love“ trifft „ich bin der Sohn Gottes und werde für Eure Schuld ans Kreuz gehen“ als Dauerthemen hatte. Natürlich redet Jesus von seiner Identität, natürlich redet er von einer Liebe, die alles übertrifft und genauso natürlich spricht er von seinem Sterben und auferstehen – das Reich Gottes – für den Griechen „basilea tou theou“ enthält all das und muss es auch enthalten.

Was bitte ist das „Reich Gottes“? Worin besteht es? Und was hat es mit meinem Leben zu tun? Mit meiner Gemeinde? Mit den Veränderungen, die in unserer Gesellschaft passieren. Das Reich Gottes besteht in Integrität und Beziehung – Integer sind die Beziehungspartner, besser der eine ist es, die anderen, wir Menschen entbehren der Integrität, die wir haben sollten. Erst in der Beziehung zu Gott werden wir „ganz“, Bubers Satz „Der Mensch wird am Du zum ich “ entfaltet hier seine größtmögliche Wahrheit und in der Person Jesu wird Gott uns so zugänglich, dass wir wieder Mensch werden können – Jesus versöhnt schon vor dem Kreuz Gott und Mensch und das ist das angebrochene Reich Gottes.

Natürlich ist das Kreuz das Geschehen, wo Jesus kosmische Geschichte schreibt, dennoch bricht im Kommen Gottes, in der Inkarnation ein neues Zeitalter an: Gott wird Mensch, um in seinem Leben wie seinem Sterben zu versöhnen, zu heilen, zu verbinden was getrennt ist und war. Dabei verändern sich Werte und Auslegungen des alten Testaments – wenn Gott sich „enthüllt“, dann werden die Gesetze weniger und die Liebe stärker. Ich sehe das Reich Gottes als große, geschweifte Klammer – oben und unten das ist das Schöpfungsende mit der ersten Schöpfung und der neuen Schöpfung der Welt – das Zentrum in der Mitte ist das Symbol für die Inkarnation Gottes in Jesus } so bleibt die göttliche Symmetrie erhalten und Anfang und Ende liegen in einer Hand – Jesus bleibt das Zentrum, aber die Vorbereitung und die Weiterführung seiner Botschaft, seiner Persönlichkeit in seinem Auftrag an uns sein Körper zu sein, zu handeln, wie er gehandelt hat bleibt unsere Herausforderung.

Hier gäbe es noch viel mehr zu schreiben, ich schliesse mit Fragen:

Wie sieht der Entwurf von Gottes Reich aus, den Jesus vor Augen hat?

Was verrät uns die Bibel zum Thema „Reich Gottes“ bestimmt ist Scot McKnight der richtige zu dem Thema…

Was für praktische Auswirkungen hat es, dass das Reich Gottes schon zu Jesu Lebzeiten in ihm selbst angebrochen war? Verändert das unsere Wahrnehmung oder bleiben unsere Gedanken zu stark auf Kreuz und Auferstehung fixiert…?

Missionale Gemeinde in „Zeitgeist“ (Teil 3)

„Christen sehen sich als Botschafter Jesu und sind motiviert, ein heiliges Leben zu führen, um nicht den Namen ihres Königs zu entehren, den sie repräsentieren.“ (Zeitgeist, S. 83)

Ich glaube wirklich, dass dies zu allen Zeiten ein Kennzeichen von Gottes Leuten war und alles Denken über „Inkarnation“ macht keinen Sinn, wenn wir nicht zugleich „ja“ zu einem heiligen Leben und zu unserer Botschafter Rolle sagen. Der Satz „das Medium ist die Botschaft“ wird nirgendwo mehr Wahrheit als in Jesus selbst.

Heiligkeit ist in den Tagen von Karrieregeilheit, unfairen Marktwirtschaftlichen Strategien, Internetpornografie, Steuerhinterziehung und völlig selbstverständlichem Softwareklau wohl mindestens genau so schwierig wie zu allen Zeiten vorher. Und als Medium der Botschaft Gottes diesen Gott zu entehren durch das was man tut oder das was man nicht tut ist wohl genau so leicht wie in allen Zeiten vorher. Von daher muss der Ruf nach Heiligkeit vor aller Coolness, aller Chilligkeit und allem Café Latte erschallen, wenn wir uns daran machen wollen Gott in dieser Welt zu repräsentieren – nichts anderes ist die Aufgabe eines Botschafters.

Nur die Motivation das zu tun leidet öfter mal, nicht wahr? Bei mir ist es so. Schneller, leichter – fast schon Joda-esk mutet der Gedanke an („ist die dunkle Seite stärker“ fragt Luke Joda – dieser entgegnet: „Schneller, leichter, nicht stärker“) – der Weg der Heiligkeit ist in dieser unserer Welt ein steiniger, denn er kostet viel – unser Leben wie wir es gelernt haben sollten wir eher verlernen, denn Heiligkeit bedeutet „Gott völlig zur Verfügung stehen“ – nicht der Kultur in der wir leben.

Vielleicht besteht darin die Mahnung bei aller „Inkarnation“ und „Inkulturation“ unserer Tage – die Mahnung eine radikale Gegenkultur wieder zu entdecken und zu leben: Die Kultur eines Reiches, dass nicht von dieser Welt ist und auch wenn wir das Echo dieser Kultur hier erleben und wahrnehmen können wird es einer größeren Hand als der unseren bedürfen, um aus der Gegenkultur die Vorherrschende zu machen und „Heilig“ in „Alltäglich“ zu verwandeln.

Bis dahin sind wir Wesen zweier Welten, die sich hoffentlich durch Gottes Gnade und unser Handeln aneinander annähern und die Werte der einen finden schon jetzt ihren Weg in die Wirklichkeit der anderen. Danach sollten wir streben mit der Ganzheitlich unseres Lebens und ohne Dualismus sondern ganz wie unser Gott drei und eins ist, sollen die Welten in uns zwei und eins werden.

Wenn mich jetzt noch jemand verstanden hat, dann wäre ich froh…ich bin wohl etwas ins Artikel/Buch schreiben abgedriftet…schnell aufhören…

🙂

Missionale Gemeinde in „Zeitgeist“ (Teil 2)

Es geht weiter mit den Kennzeichen:

„Persönliches, selbstständiges Bibelstudium, so bleibt das Herz ‚weich‘, der Verstand wird geschärft und man ist bereit, den Gesprächspartnern über die Hoffnung Auskunft zu geben.“

Das habe ich lange nicht mehr in einem der neueren Bücher über Kirche so ausdrücklich gelesen. Bibelstudium. Aber ja, gern – die Auseinandersetzung mit dem Wort Gottes und das immer wiederkehrende Gespräch mit dem Buch der Bücher ist zentral im Leben eines Nachfolgers. Hier lerne ich, lernen wir Gottes Melodie, seine Gedanken kennen und lieben. Ãœbrigens kann ich jede Art und Zentriertheit beim Umgang mit der Bibel wenig nachvollziehen. Wir kommen aus einer Zeit der Pauluszentriertheit und scheinen in eine Evangelienzentriertheit zu rutschen, zumindest was das Leseverhalten angeht.

Das Alte Testament ist eher nicht so in unserem Fokus, obwohl hier viele Berichte enthalten sind, die das Sein stärker betonen und, wir müssen nur an Abraham und Isaak denken, auch erstaunlich empfinde ich wie stark Jesu Kommen vorbereitet wird. Nicht, dass die Geschichten des Alten Testaments nur Sinn machen im Zusammenhang mit den Evangelien, sondern, dass sie einfach die Menschwerdung Gottes andeuten, den Weg bereiten sozusagen ohne dabei ihren eigenen Sitz im Leben zu verlieren.

Nehmt Euch nur das Buch Esther – die wunderbare Geschichte einer jungen Frau, die durch ihre Gaben das Volk Israel rettet. Und ihre Gaben waren Schönheit und ein kluger Onkel – wenn man an Germanys next Topmodel denkt, so würde man sich heute vielleicht auch wünschen, dass Schönheit mal wieder im Zusammenhang mit Gott gesehen werden kann und zu etwas nützlich ist und nicht nur zu Werbezwecken gebraucht wird (es gibt ja wohl keinen, der ernsthaft denkt diese Sendung ist aus lauter Liebe zu hübschen Mädels und um die nächste Riege der Models zu sichern entstanden – es geht um knallharte Werbeeinnahmen und diese im großen Stil…) – aber ich schweife ab. Die Bibel verdient es gelesen zu werden und wir brauchen es Bibel zu lesen. Ich würde gern die Dimension des gemeinsamen Lesens (siehe auch das 2. „L“ in BELLS für gemeinsames „Lernen“) noch hervorheben, weil hier der Reichtum der Gemeinschaft mein Verständnis der Bibel erweitert und bereichert. Es ist ein guter Zusatz zu diesem wichtigen Kennzeichen missionaler Gemeinde.

Dort wo man persönlich und gemeinsam sich von Gottes Worten verändern lässt, bleibt das Herz wirklich weich und man selbst herausgefordert, getröstet, in den Hintern getreten und so vieles mehr für das dieses Buch steht. Man begegnet Gott nicht nur im Wort, aber eben unverzichtbar auch.

Missionale Gemeinde in „Zeitgeist“ (Teil 1)

Irgendwie sind es die kleinen Artikel, die dieses Buch immer wieder in meine Hand befördern: Diesmal sind es Mike Bischoff und Tobias Faix, die mich zum bloggen veranlassen – das Thema „Missionale Gemeinde“ wird von den beiden in 4 1/2 Seiten kurz aber gut angerissen. Am der Artikel endet mit 15 Kennzeichen einer „Missionalen Gemeinde“, die ich hier vorstellen möchte:

„Man geht nicht zur Kirche, sondern man ist Kirche, unterwegs auf einer gemeinsamen Mission/Sendung.“ (Zeitgeist S.83)

Einer von den Sätzen, der den Wandel im Verstehen von Kirche gut zusammenfasst – Kirche ist nicht zunächst geprägt von „Handeln“, sondern vielmehr vom „Identität“ und dabei geht es noch einen gewaltigen Schritt weiter als uns Reformation und Pietismus gebracht haben: Man definiert sich als Teil der „Gemeinschaft Kirche“ und auch wenn es immer wieder Initiativen gibt, Kirche klein zu denken, kann man hier wirklich davon sprechen, dass es zumindest vom Ansatz her gegen den Individualismus geht. Dieser Individualismus, der seit mittlerweile hunderten von Jahren vorherrscht wird durch den Satz „man ist Kirche“ schwer in Frage gestellt. Ich kann sehr wohl allein Handlungen vollziehen, die den Werten und Grundsätzen von Kirche entsprechen, aber Kirche sein lässt sich als Einzelperson schwer denken, sondern da ist die Formulierung „Ich bin Teil von Kirche“ drängt sich einem geradezu auf.

Meine Identität ist etwas, das ich mit mir trage, das gegen diesen elenden „hier bin ich so und verhalte mich so, da bin ich ganz anders, je nach Gruppe in der ich mich bewege“ Fluch helfen kann. Mir hilft an diesem Kennzeichen vor allem das gemeinsame „unterwegs sein“ in der Sendung. Ich bin nicht nur da, um da zu sein, sondern vielmehr, weil wir als Kirche diese Mission, diese Sendung mit uns tragen, überall wo wir sind, in allem, was wir begreifen und bewegen.

ZeitGeist: Die Verwurzelung der Gemeinde in der Kultur

Nachdem es schon ewig lange draussen ist, fallen mir bei der Nachlese einige Dinge an „Zeitgeist“ wahnsinnig positiv auf. Zum einen das Blog, das die Möglichkeit eröffnet interaktiv seine Meinung zu dem Buch zu bekunden (das sollte sich viele Autoren zum Beispiel nehmen und den Mut haben transparent und zugänglich zu sein), zum anderen die teilweise ganz hervorragenden Artikel.

In vier Seiten schafft es Tobias Faix uns Christen eins zu verplätten und deutlich zu sagen: Unsere Gemeinden in Deutschland haben, nach oft kreativen Anfängen, die deutliche Tendenz sich in der „Bürgerlichen Mitte“ anzusiedeln. Dies scheint dann auch die Gottgegebene Lebensweise zu sein und ebenfalls auch die Gruppe derer zu definieren, denen man das Evangelium verkünden möchte – die „Zielgruppe“. Laut dem hervorragenden Sinus Report (hier gibt es eine Analyse unserer Gesellschaft als Grafik, sehr interessant!!!) macht diese „Bürgerliche Mitte“ gerade mal 15% der Bevölkerung Deutschlands aus. Ich zitiere einmal etwas länger aus „ZeitGeist“ (es hilft die Grafik angeschaut und die Beschreibung gelesen zu haben, bevor man das Zitat liest):

„Zum anderen, wo liegen denn die meisten Gemeinden? Dieser Gedanken deprimiert mich, da die meisten freikirchlichen Gemeinden aus der bürgerlichen Mitte stammen, die meisten Kirchen bestehen aus ‚Traditionsverwurzelten‘. Das ist grundsätzlich in Ordnung, die prägende Kultur, aus der Menschen kommen, wirkt sich auch auf Glauben, Gemeinde und Theologie aus, aber es gibt ja noch einige ‚Kartoffeln‚ mehr links, rechts, oben und unten! Was ist mit denen? Wer lebt in der Kultur der Hedonisten oder Konsum-Materialisten und baut mit deren Mitteln Gemeinde? Das sind die Herausforderungen der Gegenwart.“ (ZeitGeist, S. 40, Hervorhebungen meine)

Tobias weiß dabei von was er redet, denn empirische Forschung ist sein Spezialgebiet – er hat sogar ein Institut gegründet (empirica). Seine Aussagen decken sich mit dem, was Alan Hirsch schon vor einiger Zeit über die Gemeinden Australiens gesagt hat (mein Post vom 24.12.2006 und das Bild unten). Was passiert aber, wenn man etwas neues wagt? Auch hier findet Tobias klare Worte:

„Statt das Gemeinden froh sind dass sie sich gegenseitig ergänzen, vergeistlichen sie ihre Strukturen und kulturellen Werte und lehnen die anderen Gemeinden ab. Dies gilt übrigens für alle möglichen Seiten, was den einen zu engstirnig und spießig ist, ist den anderen zu abgedreht und unbiblisch. Dabei geht es meist nicht um eine echte theologische Auseinandersetzung, sondern um eine gesellschaftsrelevante Umsetzung von Folklore, das heißt, die kulturellen Aspekte wie Kleidung, Gebetsformen, traditionelle Gottesdienstabläufe, Liedgut, Sprache, Bibelübersetzung etc. spielen eine größere Rolle als die geistliche Haltung. Dies ist sehr bedenklich und zeugt von fehlender Selbstreflexion und geistlicher Arroganz.“ (ZeitGeist, S. 41, Hervorhebungen meine)

In vier Seiten wird also auf den Punkt gebracht, wie Kultur und Gemeinde jetzt schon verwoben sind – den Emerging Church Menschen wir allerorts vorgeworfen die Kultur und Gemeinde zu vermischen, dabei wird übersehen, dass sie bereits vermischt sind. Brian McLaren antwortet auf die Frage, „warum er denn das Evangelium so verwässert“ immer mit der Gegenfrage ob wir es nicht schon verwässert haben und es nur nicht mehr sehen können. Warum müssen sich gute und wichtige Initiativen immer zuerst gegen die harsche Kritik der Frommen wehren, die noch vor 10 Jahren harte, biblische Debatten darüber geführt haben, ob man ein Schlagzeug im Gottesdienst benutzen darf?Ich schliesse mit dem Abschluss des Artikels (und bedanke mich bei Tobias Faix und Thomas Weißenborn für ihre Initiative und das längst überfällige „ZeitGeist. Kultur und Evangelium in der Postmoderne“):

„Hier gilt es Vorurteile abzubauen und einander stehen zu lassen. Bevor man seine Geschwister verurteilt sollte man das Gespräch mit ihnen suchen und aufeinander zugehen. Unterschiedlichkeit war, wenn wir in die Bibel schauen, noch nie ein Kriterium, einander abzulehnen.“ (ZeitGeist, S. 41)

slide.001.png p.s. wenn Du das Buch noch nicht dein eigen nennst kannst Du es hier probelesen.