Eine bunte evangelische Kirche mit freikirchlicher Organisationsstruktur

Vom 04.-07. Mai durfte ich als Gemeindegründer bei der Bundeskonferenz der evangelisch-freikirchlichen Gemeinden in Deutschland dabei sein. Das Motto lautete: „Bunte Gemeinde – Staunen über Christus im Anderen“ (Link führt zur Konferenzdokumentation).

Michael Diener vom Gnadauer Verband eröffnet die Bundeskonferenz mit dem Thema „Gott will bunte Gemeinde“

Natürlich war ich nicht allein – andere vom Gründerteam von „Weiter Raum Marburg“ waren ebenfalls anwesend, aber dennoch wusste ich nicht so ganz: was erwartet mich dort? Vielfältiges – neben dem hervorragenden Programm – z.B. Michael Diener als Anfangsredner, einem ganzen Tag, der dem Thema „Inklusion“ gewidmet war – inklusive Gottesdienst in leichter Sprache und Musik von einer inklusiven Band, weiteren Elementen, Berichte von Geflüchteten und Angekommenen und vielen, vielen Begegnungen mit Gründerinnen und Gründern, Pastorinnen und Pastoren und so vielen anderen Menschen mehr. Der Kabarettist, Pfarrer und Tausendsassa Rainer Schmidt hat uns zu Tränen gerührt – Lachtränen und Tränen der Rührung. Ich habe an diesem Abend mehr über meine Einstellung zu Menschen mit deutlicherer Behinderung als ich sie habe gelernt, als in meinem ganzen Leben vorher. Lachend.

Ein bunter Bund evangelischer Christen, die sich als Freikirche organisieren. Ich bin Menschen begegnen, die von ihrem Bund, dem weltweiten Bund, völlig überzeugt waren. 42 Millionen zählen sich immerhin weltweit zu dieser evangelischen Kirche. „Baptists“ – der

Paul Msiza (Präsident des Weltweiten Bundes der Baptisten) predigt

Präsident Paul Msiza war zu Gast und trotz der hochkarätigen Besetzung war das ganze sehr unaufgeregt, natürlich und leicht. Ca. 1100 Menschen in Kassel im Prinz-Max-Palais treffen sich entspannt. Und verhandeln dabei aber auch ernste und bewegende Themen als Bund. Da wurden kritische Töne geäußert, Rednerlisten geführt, Anträge gestellt und Meinungen ausgefochten. Aber eben in dieser Haltung: wir stehen zusammen und wollen das auch. Basisdemokratisch mit dem Stimmzettel in der Hand. Das Ganze macht auf mich einen guten Eindruck und manche schwierige Begegnung meiner Vergangenheit wurde versöhnt. Ich habe diese Tage als lohnenswert und tiefgängig erlebt und freue mich auf viele weitere Begegnungen mit evangelischen Menschen, die sich nach Art einer Freikirche organisieren. Da ist viel Freiheit in der Luft und das gefällt mir gut.

Die Kongressdokumentation findet sich hier.

Das Kongressvideo:

Die Bildmaterialien stammen von davidvogtphotography.com – alle Rechte verbleiben beim Urheber

Christian Community Development Conference 2010

Nach einigen Problemen (von der kranken Familie angefangen bis zum Parkplatzproblemen in MosbachDSC01035 , die Gott sei Dank von der lokalen Mosche behoben wurden…) bin ich jetzt hier auf der CCD in Mosbach. Der Track 6 interessiert mich und viele andere besonders: Missional Church meets Holistic Ministry.

Da viele der Anwesenden bereits „Holistic Ministry“ praktizieren und erstaunliche Geschichten erzählen, fühle ich mich etwas gehemmt, aber dennoch nicht unwohl. Es gibt so viel zu lernen! Gleich wird Sheryl Haw, International Director des Micha Netzwerks über „Integral Mission“ ein Referat halten. Freue mich drauf.

Auf den Fotos gibt es einige Frage, die ich hier an der Wand gefunden habe.

DSC01037 DSC01036

ReBlog: Alan Hirsch Follow the Yellow Brick Road

Walter Färber (Tiefebene) hat einen Teil der Forgotten Ways von Alan Hirsch für seine Gemeinschaft übersetzt und auf seinem Blog zugänglich gemacht! Danke für das Geschenk – das Internet und vor allem Blogs sollte Plätze von Geschenken sein – man schenkt seine eigene Geschichte her. Ich zitiere ihn hier in voller Länge:

„Die Geschichte Abrahams, die Kameradschaft von Sportmannschaften, die Kriegskameradschaft von alten Soldaten, die Gemeinschaft des Ringes in J.R.R.Tolkiens “Herr der Ringe” und die verrückten Kaninchen im “Watership Down”-Film, all diese unterschiedlichen Geschichten zeigen uns, wie wichtig die Reise selbst ist. Denn Reife und Selbstverwirklichung kommen nicht ohne Bewegung und Risiko, und Abenteuer sind in der Tat gut für die Seele. All diese Geschichten zeigen uns, dass tiefe Gemeinschaft und Liebe da zu finden sind, wo wir uns zu einer gemeinsamen Entdeckungsreise aufmachen, wo wir gemeinsam Gefahren ins Gesicht sehen und uns dabei zusammenfinden müssen, um zu überleben. All das finden wir auch wieder in der Art, wie Jesus seine Jünger prägte: gemeinsam begannen sie eine Reise, die sie wegführte von ihrem Zuhause, ihrer Familie und ihren (sozialen oder religiösen) Sicherheiten. Sie brachen auf in ein Abenteuer, zu dem Grenzerfahrungen (Liminalität), Risiko, Lernen durch Praxis, verschworene Gemeinschaft (Kommunitas) und geistliche Entdeckungen gehörten. Unterwegs verloren sie ihre Angst vor Unzulänglichkeit und Mangel oder Vorsorge, und an deren Stelle trat eine beherzte Zuversicht, die die Welt für immer verändern sollte.

Was starke Jesusbewegungen so dynamisch macht, ist die Tatsache, dass sie tatsächlich Bewegung mit sich bringen. Und dabei geht es nicht um die Organisationsstruktur, sondern um echte Dynamik. Das heißt nun nicht, dass buchstäblich jeder Christ Haus und Familie verlassen muss, um Jesus nachzufolgen. Aber der grundlegende geistliche Akt, alles im Namen Jesu aufzugeben, lag jeglicher späteren Nachfolge zu Grunde. In diesem Sinn hatten sie bei ihrem Christwerden eine grundlegende Entscheidung getroffen, sich auf die Grenzerfahrung des Verlusts von Sicherheit und Bequemlichkeit einzulassen und mussten sie nicht nachträglich noch einkalkulieren. So blieben sie ein bewegliches Volk, das sich, abhängig vom Kontext, ständig neu anpassen und weiterentwickeln konnte. Das ging so lange, bis Konstantin uns mit Kirchengebäuden, einer Organisation und einem Bündnis zwischen Staat und Kirche beschenkte, wodurch der apostolische Genius für sehr lange Zeit in tiefen Schlaf fiel.

Wir müssen uns von neuem auf den Weg machen. Wir sind die Menschen des Weges, und unser Pfad liegt vor uns. Er lädt uns ein in eine neue Zukunft, in der wir endlich wieder gestalten und mitmachen dürfen. Wir versuchen, die Natur authentischer christlicher Gemeinschaft von neuem sichtbar zu machen: nämlich eine Kommunitas, die um ihre Mission herum gebaut ist und in Angriff genommen wird von einer Gruppe fehlbarer, aber mutiger Gefährten. Wir tun das, indem wir die mythische Symbolik aus den großen Geschichten aufrufen und in Erinnerung rufen, wie Jesus und die frühe Kirche sich daran machten, die Botschaft zu verbreiten. So erwecken wir von neuem die Sehnsucht und den Willen, eine abenteuerliche Reise zu unternehmen, um die uralte Kraft des apostolischen Genius wiederzuentdecken.“

Ich habe mich in dieser Woche mit Freunden unterhalten und empfinde diese Worte von Alan, die jetzt hier auf Deutsch vorliegen als eine Art Zusammenfassung unseres Gesprächs. Danke Walter!

Gefährliche Träume: Gemeindegründung

Wann hast Du das letzte Mal einen gefährlichen Traum gehabt? Ich rede nicht von einem Alptraum aus dem Du gern aufwachen würdest, sondern von einem Traum, der Dein Leben, Deinen Besitz und Deine Komfortzone in Gefahr bringt.

Ich hatte das Vorrecht gestern mit einer Person sprechen zu dürfen, die einen solchen Traum im Herzen trägt. Weg von bestehenden Mustern an einem Platz, den Gott zeigt missionale Gemeinde zu bauen. Ich war mehr bewegt auch im Nachhinein als ich mir selbst zugestehen wollte. Gefährliche Träume.

Ich frage mich manchmal ob wir durch unser Leben andere inspirieren gefährlich zu träumen. Wir, die wir gesetzt sind und unser Leben langsam auf die Reihe bekommen – der letzt Rest Chaos verschwindet im Kalender und der ToDo Liste, der letzte Rest Wagemut beim Gang zum Kontoauszugsdrucker. Wir können doch nicht – oder?

„Wann hast Du das letzte Mal etwas zum ersten Mal gemacht?“ ist eine Frage aus dem Buch „Ever Wonder“ (das ich jedem nur empfehlen kann!) Unterschätzen wir unsere Identität manchmal? Achten wir den Auftrag Gottes für gering oder sind wir schlicht überwältigt von dem Konsumerist Dream, dem westlichen Komfort und Behaglichkeitsdenken? Wie lange kann man Berufung wegen Beruf zurück stellen (wenn nicht beides zusammen fällt) – kurz: Erlaubst Du Dir gefährlich zu träumen?

Ich muss mich immer wieder ermahnen. In meiner Gemeinde/Gemeinschaft/Bewegung hier beim CVJM gibt es wenige gefährliche Träumer, die meisten davon sind unter oder um die zwanzig Jahre alt. Ich muss mich von ihnen immer wieder aus meinem Sessel befördern lassen und von ihrer Begeisterung anstecken. Neu gründen, neue Wege gehen, missional Leben, in Gottes Mission einsteigen.

Ich weiß, dass viele von Euch schon gefährlich Träumen oder kommt es mir nur so vor – ich glaube, dass gefährliche Träume nötiger sind in einer Krisen und Sicherheitsbedachten Zeit, wie wir sie im Moment erleben. Ich will wieder gefährlicher Träumen. Träumst Du mit? Wirst Du Deinem Traum ein Zuhause geben?

Wild goose chase

Ich bin heute Abend sehr nachdenklich, was mit vielen Ereignissen der letzten Tage und Wochen zu tun hat. Im Moment kommt mir vieles was ich tue wie eine Aussichtslose Verfolgung vor – eine „wild goose chase“ – als ich 2006 mit Doug Pagitt sprach und wir uns ausgetauscht haben erzählte er mir von einem Buch, dass er schreiben wollte mit dem Titel „A wild Goose Chase“ heute ist es unter dem Namen „A Christianity worth believing“ veröffentlicht und ich bin ein großer Fan davon und freute mich sehr, als ich Gelegenheit bekam ein Vorabmanuskript zu lesen (die ersten drei Kapitel gibt es hier zum Download) – tatsächlich taucht „The wild goose chase“ als Ãœberschrift in Kapitel 4 auf – aber ich bin froh, dass er das Buch nicht so genannt hat.

„Ein christlicher Glaube der es wert ist geglaubt zu werden“ ist viel hoffnungsvoller und das Buch ist auch keine „Wild Goose Chase“, sondern eine theologische Geschichte voller Hoffnung und ganzheitlich positiv.

An dem Punkt, an dem ich im Moment stehe brauche ich solche Nachrichten, solche wilden Geschichten, denn meine eigene scheint immer mehr zu einer „wild goose chase“ zu werden – so vieles was sein könnte vergeht, so vieles zersetzt durch auf erzwungene Prioritäten und der Frage nach dem Konsens statt der Nachfolge einer Vision. Verlorener Idealismus? Nein – meine Ideale oder besser meine Suche nach diesen Idealen ist so dringend und drängend wie eh und je.

Eher die Erkenntnis, dass es nur wenige gibt, die sich wirklich auf diese Suche einlassen wollen, macht mir Gedanken und meine persönliche Ohnmacht auch durch jahrelange Begleitung Sehnsucht zu wecken nach dem anderen, dessen Duft heute mehr denn je in dem Wind der Veränderung und dem Erdbeben der nachchristlichen Zeit wahrzunehmen ist.

Sehnsucht nach einen Glauben, nach einer Gemeinschaft, die mir und dem anderen wirklich in der Tiefe etwas bedeutet und dabei sich zutiefst seiner und ihrer Prozesshaftigkeit bewusst bleibt.

Sehnsucht nach einen Engagement, dem es nicht darum geht, wie ich dastehe, wie viel Anerkennung ich bekomme und wie engagiert ich bin, sondern den Plan Gottes mit dieser Welt demütig, aber selbstbewusst ver-wirklicht.

Sehnsucht nach dem Teilen dessen was wir geschenkt bekommen haben – unserer persönlichen Geschichte mit Gott genauso wie unserer Zeit und unseren materiellen Gütern.

Sehnsucht nach Vergebungsbereitschaft die heilt, mich, uns und durch uns Heilung und Gerechtigkeit in unserer Welt wieder neu zum Leben erweckt.

Und in den letzten Tagen und Wochen musste ich immer wieder erkennen, dass diese Sehnsucht nicht bei allen Menschen schlummert mit denen wir zusammen auf dem Weg sind. Und sich dadurch unser Weg zu „Einem christlichen Glauben der es wert ist geglaubt zu werden“ eher zu einer „Wild Goose Chase“ entwickelt – mir wird schmerzhaft bewusst, wie viel Kompromisse und Abstriche ich gemacht habe und es gab sogar den Punkt, wo ich mich im Spiegel angeschaut habe und gefragt: „Bist Du noch der, der diese Sehnsucht hat?“ – inzwischen habe ich sie wiedergefunden, aber dadurch fallen mir die Kompromisse nur stärker ins Auge und die Frage nach einer angemessenen Reaktion darauf. „More of the same won’t get the job done!“ (mehr vom ewig gleichen wird den Auftrag Jesu an seine Gemeinde nicht erfüllen) betont Alan Hirsch zu Recht. Aber wieviel Zeit verbringen wir und ich mit „more of the same?“ wie oft wird aus der Sehnsucht eine aussichtslose Verfolgung?

Ich gewinne wieder Zuversicht, wenn ich darüber nachdenke wie die Kelten den heiligen Geist beschrieben haben. Für diese sehr frühen und ursprünglichen Christen Europas konnte das Symbol einer Taube den heiligen Geist nicht repräsentieren- es bliebt bei einem Vogel, dieser war aber eine Gans – die Wildgans. In ihrer wilden Form ist diese Gans nicht zu halten, sie muss fliegen, kraftvoll, laut ist ihr Ruf, herausfordernd und nicht zu überhören. Eine aussichtslose Verfolgungsjagd ist es wohl nie dem Ruf des heiligen Geistes zu folgen – es kann aber doch dahin führen, dass man nicht wirklich versteht und einschätzen kann wohin die Reise geht. Möge Gott es schenken, dass aus meiner und vielleicht auch deiner „Wild Goose Chase“ etwas neues, atemberaubendes und wirkliches entsteht „A Christianity worth believing“.

Eine persönliche Frage: Gibt es noch viele andere Wildgansjäger da draussen, die sich manchmal wie auf einer aussichtslosen Verfolgung fühlen?

Kindergarten Lektionen

Beim Lesen und nachforschen über „Missional“ bin ich über einen netten Blogpost gestolpert, den ich euch nicht vorenthalten mag (gefunden bei: Jonathan Brink – aus einem amerikanischen Kindergarten, ich übersetze:)

„Während mein Sohn vom Kindergärtner gelobt wurde (während einer Entlassungsfeier aus dem Kindergarten) sind mir die vier kleinen Schilder aufgefallen, die direkt hinter ihm an der Wand angebracht waren…

Das rote Schild trägt die Aufschrift: ‚Wir respektieren die Rechte der anderen‚.

Das gelbe Schild: ‚Es ist schlau um Hilfe zu bitten‚.

Das blaue Schild: ‚Wir dürfen Fehler machen‚.

Das grüne Schild: ‚Es braucht Mut ein Risiko einzugehen‚.

Als ich diese Schilder las, hatte ich eine Frage in meinem Kopf: Was würde geschehen, wenn wir diese 4 Schilder in unserer Kirchengemeinde aufhängen würden? Andere respektieren, um Hilfe bitten, Freiheit auch Fehler zu machen und mein liebstes: Mut um ein Risiko einzugehen…Und etwas in mir hat sich gefragt, ob jemand diese Schilder schnell wieder entfernen würde. Und doch waren sie grundlegend in der frühen Kirche.

Was würde passieren, wenn Du diese Schilder in deiner Kirche nächsten Sonntag aufhängen würdest?

Ich frage mich, was in deutschen Kindergärten für Schilder hängen. Mit den Rechten der anderen haben wir evtl. nicht so viele Probleme (mir hängt das ewige „In meiner Sicht“ „Für mich ist das so und so“ „ich lasse dich stehen, aber sehe das hier und dort anders“ schon ein wenig zum Hals raus…vermutlich ist das Schild dann doch wichtig für mich…) Es ist schlau um Hilfe zu bitten erinnert mich an meine Anfangstage beim CVJM, wo das jemand zu mir gesagt und verbunden mit Schild Nr. 3 „Du wirst Fehler machen und das ist gut“ – das hat mir damals viel Freiheit gegeben. Ich habe Gestern eine Predigt darüber gehalten, was die Praxis der ersten Kirche war und wie uns das konkret herausfordern kann – lernen aus dem Kindergarten, der Urzelle der Kirche – keine schlechte Idee – im Gegenteil – das Gebot der Stunde, wie mir scheint.

Es braucht Mut ein Risiko einzugehen?“ Ich habe neulich in einem Buch das Zitat von John Wimber gelesen: Glaube buchstabiert man R-i-s-i-k-o, nicht unbedingt meine Alltagserfahrung, leider. Fehlt es uns so sehr an Mut und: Was würde passieren, wenn wir den Mut finden würden Gottes Träumen zu folgen? Radikal zu leben, Zeit und Geld zu investieren, etwas aufzubauen? Haben wir Angst Fehler zu machen? Oder sind wir zu stolz um Hilfe zu bitten? Vielleicht respektieren wir die Rechte der anderen oder die eigenen Rechte auch zu sehr…

Missionale Gemeinde in „Zeitgeist“ (Teil 7)

Kennzeichen und Merkmale einer „Missional Church“ sind laut Tobias Faix und Mike Bischoff (Danke an Daniel, der mich an den Zeitgeist Blog erinnert hat und darauf hingewiesen, dass genau dieser Artikel dort auch zum Download angeboten wird. Also: klicken, laden, lesen!)

„Wachsende Sicht, dass die Gemeinde Familie ist und man zusammen als Gemeinschaft „on a mission“ ist.“

Die Gemeinde als Familie – wenn ein Satz schon seit wirklich 17 Jahre in mein Gehirn und mein Herz gebrannt ist, dann dieser. Warum? Persönliche Erfahrung! Schon früh hat mich das mit-leben in einer anderen als meiner Ursprungsfamilie in die Beziehung zu Gott gebracht, auf meinem Weg gibt es einige „Familienstationen“ und ohne diese wäre mein Leben kaum denkbar gewesen. Heute ist meine Bezeichnung für die Wohnung, unsere Jugendgemeinschaft „Teil der CVJM Familie“ und als Familie verstehe ich diese Gemeinschaft und als nichts anderes. Ich habe dort gleichberechtigte Schwestern und Brüder, Väter, Mütter, Cousins und Cousinen und damit auch das ganze Spektrum der Familienprobleme mit dabei. Was uns dabei vereint ist eine Sendung, eine Mission, ein Auftrag – dieser Auftrag kann immer wieder dafür sorgen, dass Familie nicht in der Erhaltung ihrer Strukturen und Reproduktion immer gleicher Verhaltensweisen und Werten endet, sondern als Ziel die Eingliederung, die Aufnahme weiterer Familienmitglieder hat. Familie und Essen gehört zusammen und der Liebesquotient einer Familie beweist sich vermutlich hier auch in besonderer Weise: Man sorgt für den anderen. Familie ist dabei beides (wie Gemeinde) Zweckgemeinschaft und Versorgungsgemeinschaft in einem.

Versuch aber mal in deiner Familie nur Nutzniesser zu sein – nur Fordernder. In einer gesunden Familie funktioniert genau dies nicht: Jeder trägt seinen Teil bei, damit die „Familienmission“ Wirklichkeit wird. In der Gemeinde, wie wir sie heute nur all zu oft erfahren müssen geht es problemlos: Wenige arbeiten für das kollektive Wohl, passive Mitglieder werden nicht herausgefordert sich ihren Möglichkeiten entsprechend einzusetzen. Oftmals haben die passiven Mitglieder dabei hohe Erwartungen an die Gemeinde und gerade da kann der organische Aufbau der Familie heilsam wirken – Familie ist zu Höchstleistungen fähig und kann für den anderen sehr viel geben – Mitarbeitendengemeinde verhält sich eher sachlicher und fragt nach den Kosten der Mitarbeiterschaft. Als mein Vater am Dienstag mit Bauchspeicheldrüsen Entzündung ins Krankenhaus gebracht wurde, war mir klar: Wir besuchen ihn und fahren 450km in einer Woche voll Terminen und Herausforderungen (es geht ihm besser und wir waren gestern dort) – das macht Familie. Die Ausrichtung auf das Ziel sich „auf einer Mission“ oder vielleicht besser „mitten in dieser Mission“ zu befinden, verhindert dabei effektiv die Exklusivität der Familie (du gehörst nicht dazu), so dass dieses Kennzeichen viele wichtige Eigenschaften einer missionalen Gemeinde mit einem organischen und uns zumeist allen zugänglichen Bild zusammen fasst.

Zu welcher Familie gehörst Du und hast Du deine Gemeinschaft schon einmal als Familie gesehen?

Missional Think Tank mit Alan Hirsch 5: Lern-Beziehungen

Eine der herausragenden Erfahrungen beim Missional Think Tank in Münster war sicherlich der Beziehungsfaktor. Man hat geniale Leute kennen gelernt und von einander gelernt. Allesamt krasse Leute. Und ich stelle fest, dass auch nur in einer Beziehungsumgebung Lernen und Lehren Tiefe erhält. Wenn ich zurück schaue auf meine Studienzeit so kann ich von den Dozenten, mit denen ich eine Freundschaftliche Beziehung hatte, am Meisten wiedergeben. Kirchengeschichte von Prof. Dr. Lutz von Padberg und die Lektionen über die „bunte Welt des Mittelalters“, Dr. Armin D. Baum im Neuen Testament „Lukas als Historiker der letzten Jesureise“, Prof. Dr. Klaus W. Müller und das „schamorientierte Gewissen“ und noch viele andere. Sogar Fächer, die ich nicht mochte wurden mir durch persönliche Beziehungen zugänglich und erträglich.

Manchmal träume ich von einer Art Lern-Paten-Netzwerk oder so, wo dich Gemeinden vernetzen und gegenseitig auf einer regelmäßigen Basis coachen und weiter bringen. Abseits von aller Betriebsblindheit. Ansätze gibt es im CVJM Verbund zu solchen Dingen, aber manchmal muss man einfach warten und solchen Dingen Zeit geben. Bin ich überhaupt bereit mich begleiten zu lassen und wäre ich bereit andere zu begleitet, auch wenn es Zeit und Geld kostet? In Lern-Beziehungen zu stehen ist für mich sehr wertvoll, Leute persönlich kennen zu dürfen ist ein Vorrecht. Ich bin gespannt was sich noch weiter entwickelt…

Alan Hirsch im Christianity Today Interview

Damit man mal ein Foto von dem Kerl sieht (Danke Andi!):

DSC_8364.JPG

Ein Australier mit jüdischen Wurzeln, der einiges zu sagen hat – wenn Du des Englischen mächtig bist, empfehle ich dir sein Interview mit Christianity Today „Small Groups and the mission of god“ – einen kurzen Auszug, den ich für wertvoll erachte, gebe ich hier wieder:

„I’d like to look specifically at the disciple-making element for a moment. You mentioned in the book that disciple making is a crucial, pivotal element in the process. What makes it so important?

It seems to me that if we fail to make disciples—that is, people who can become like Jesus Christ, which is a very simple definition of discipleship—if we can’t get that right, then in doesn’t matter what else we do because there will be a fundamental weakness in our ministry. The lack of disciples will always undermine any effort beyond that. But if we succeed in developing and creating an environment where people really can become more Christlike, it seems to me that the movement is on, and everything else will have a substantial basis along with it.

The problem is that we are being discipled every day by our culture, and it’s done very profoundly and very well—and I say this with a background in marketing and advertising. There are billions of dollars going into advertising, which is not just selling us products. There’s much more of a religious dynamic going on. So if we as a church or a small group don’t disciple in the way of Jesus, then the culture gets to have the primary say. And I have to say that, despite our best efforts, the culture is winning at this stage.“ (Quelle, Hervorhebungen meine)

Wer beeinflusst die Leute mit denen Du in Deiner Gemeinschaft bist am meisten? Die Gemeinschaft der Nachfolger in der sie sind oder unsere Konsumgesellschaft? Wer hat dir beigebracht zu leben? Wie wird deine Nachfolge geprägt?

Dicke Scheiben von der Kirche Englands

Dicke Scheiben sollte man sich abschneiden von der Kirche Englands. Zumindest im Bereich der Landeskirche (solltet ihr das noch nicht gelesen haben: Sandy, Simon, ist hier die Aufforderung…) Nicht nur mit der Initiative der „Fresh Expressions of Church“ geht es da voran, nein, es soll eine „principled and careful loosening of structures“ (auf Prinzipien gegründete und vorsichtige Öffnung der Strukturen) der gesamten Kirche geben. Das zumindest steht auf Seite 6 des „Codes of Practice: Mission Initatives“ und wird weiter ausgeführt. Es soll möglich sein die Parochiegrenzen aufzulösen und auch andere Wege der Ordination für Gemeindegründer zu finden, denn nicht jeder hat eine Pastorale Begabung, viele sind auch Pioniere oder Entwickler. Und das sogar nachdem eine Initative gegründet wurde.

Zum finden ist es bei Jonny Baker, der kaum genug Lob über diese Entwicklungen loswerden kann:

„this must be the biggest change in the church of england for many decades. rowan williams carries a vision for what this legislation makes real – a truly mixed economy church.“

Jonny führt alles auf den vor viereJahren erschienen Bericht „Mission-shaped church“ zurück und zeigt auf, dass ein Team von Leuten, die viel geschrieben und viel geredet haben im Hintergrund diese Entwicklung so rasant und konsequent gebracht hat. Mark Berry, den ich in Houston kennen lernen durfte, begrüßt diesen Schritt sehr und schreibt in den Kommentaren:

„it looks like the place for communities like ours (safespace) to find some sense of connection and belonging.“

Bleibt zu hoffen, dass wir in Deutschland eine Landeskirche erleben, die lernbegierig ist und offen für die „faithful radicals“, die es auch hier gibt. Es gäbe noch viel mehr zu schreiben, über die feste Verwurzelung der Kirche von England in den Inkarnationsgedanken und der Freiheit für Initiativen, die es jetzt schon gibt. Nur diese 5 Punkte hier sind schon einfach klasse:

The Anglican Communion has identified five marks of mission:

  • to proclaim the Good News of the Kingdom
  • to teach, baptise and nurture new believers
  • to respond to human need by loving service
  • to seek to transform unjust structures of society
  • to strive to safeguard the integrity of creation and sustain and renew the life of the earth.

Ich freue mich auf jeden Fall Ende Juni mal in Sheffield vorbei zu schauen und Jürgen Baron zu besuchen und George Lings von der Churcharmy dabei wieder zu sehen. Ach es gibt so viel zu lernen…was denkst Du über die Entwicklungen in England? Wie sollte die Kirche in Deutschland reagieren?

UPDATE: Peter Aschoff schreibt auch etwas zu diesem Thema – lesenswert!

Verfolgte Christen – Open Doors

Logo von OpenDoors - man beachten den Stacheldraht und den FischAm Freitag waren wir damit beschenkt zwei Mitarbeiter, David und Michael, der Organisation „Open Doors“ bei uns haben zu dürfen – neben den über 40 Leuten, die an diesem Freitag auch mit dabei waren. Sie haben uns ihre Arbeit vorgestellt und ich kam aus dem Staunen, aber auch aus dem Lernen nicht heraus – bisher waren verfolgte Christen für mich Zahlen – Nummern auf Statistiken, schlimme, furchtbare Nummern, aber nur Nummern (erschreckend: der Verfolgungsindex Weltweit wo werden Christen am meisten wegen ihres Glaubens verfolgt). Heute habe ich Gesichter vor Augen Pastor Hanna und Suhad aus Palästina zum Beispiel – ein Pastorenehepaar aus den autonomen Palästinensergebieten – sie haben Verfolgung zu leiden, weil man als Palästinenser einfach Moslem ist, nicht Christ. Und man versucht schon gar nicht andere zu Christus zu bringen. Gar nicht geht eine christliche Buchhandlung zu eröffnen oder eine Gemeinde zu gründen. Beides tun die beiden.

Da war eine Aussage von David, die mich bis ins Mark getroffen hat: „Alle diese Menschen hätten wenige bis gar keine Verfolgung zu erwarten, wenn sie einfach still wären, einfach nicht bekennen, dass sie Christen sind, einfach die Klappe halten.“ (sinngemäß zitiert) Aber das tun sie nicht. Sie reden von Gott, sie schmuggeln Bibeln, sie predigen, sie feiern Gottesdienste in Erdlöchern. Sie tun all das mit dem Wissen, dass sie für ihren Glauben sterben können, manche sogar mit dem festen Wissen, dass sie sterben werden. Open Doors erzählt ihre Geschichte und zeigt ihre Gesichter. Wir haben Videos gesehen und Briefe geschrieben.

Briefe? „Ihr solltet die Gesichter derm Verfolgten sehen, wenn sie eine Postkarte mit einer Ermutigung oder einem Gruß an sie bekommen“ sagte David. Die Reaktion ist fast immer die gleiche – sie weinen vor Glück, dass es Menschen gibt, die an sie denken, für sie beten, ihnen Mut machen durchzuhalten. Also haben wir geschrieben – für manche vielleicht das erste Mal einen Brief in englischer Sprache. Rücksendeadressen? „Bitte ohne Adressen, nicht dass die Verfolger diese Briefe in die Hände bekommen“ – Verfolgung hier bei uns? Es kann vorkommen, dass Briefe zurück verfolgt werden. Was bringt es, ausser Mutmachen? Michael meinte: „Auf den Phillipinen haben die Behörden aufgehört einen Gefangenen Christen zu foltern und ihn bald darauf freigelassen, weil er Waschkörbeweise Post aus aller Welt bekommen hat„. Bewegende Briefe. Ihr könnt übrigens auch schreiben – eine Vorstellung der Leute gibt es hier und wir man schreibt findet ihr hier. Ein bewegender Abend an dem nicht nur Brücken zwischen uns und Christen in der Verfolgung geschlagen wurden, sondern auch zwischen Jugendlichen und Älteren hier in der Wohnung – alle zusammen haben wir diesen Abend erlebt und gefüllt. Bei allem Nachdenken über Soziale Gerechtigkeit und Einstehen für Fair Trade uns so, sollten wir auch an unsere Schwestern und Brüder denken, die verfolgt werden. In den Staaten, in den sie Leben gibt ihnen niemand Gerechtigkeit!

Schön war das und auch hier noch einmal einen herzlichen Dank an alle, die mitgeholfen haben, vor allem an Nora, die das organisiert hat.
Briefe an verfolgte Christen schreiben

Alan Hirsch’s Chaos

In den letzten Wochen war ein Grund, warum ich wenig hier geschrieben habe, weil ich den Anhang von Alan Hirsch’s Buch „The Forgotten Ways“ übersetzt habe.

A crash course in chaos“ heißt er uns ist sehr lesenswert und weil eine größere Vernetzung einfach allen gut tut haben Daniel und ich uns entschlossen es auf „Emergentes Gedankengut“ zu stecken. Die 25 Seiten sind vollgepackt mit wichtigen Erkenntnissen und treffenden Schlussfolgerungen – wer sich durch den etwas technischen ersten Teil durchkämpft wird gegen Mitte/Ende hin belohnt.

Alan Hirsch hat in Absprache mit seinem Verlag der Veröffentlichung dieser nicht „offiziellen“ Ãœbersetzung seines Buchs zugestimmt – alle Recht verbleiben natürlich bei Verlag und Autor. Also – Chaosforscher und Kirchendenker – auf zum Crash Kurs…

Gefunden: Anbetung vorbei am Eigentlichen zweiter Teil

Peter postet den zweiten Teil der Serie und wieder ist er lesens- und nachdenkenswert.

Die Frage ist dabei: Welche Inhalte haben die Anbetungs-Lieder, die geschrieben werden und – aufschlussreicher – welche nicht?

Im zweiten Teil geht es um den Inhalt unserer Lieder und Liturgie. Brian verweist auf fünf biblische Themenkomplexe, die in moderner Anbetungsmusik kaum vorkommen, aber wichtig sind für eine gesunde und vor allem glaubwürdige Gemeinde.

Wenn es aber beim Liederschrieben nicht primär um eine tiefe, innige Beziehung zu Gott geht, worum sollte es dann gehen? Ich denke, wir täten gut daran, in unseren Texten die folgenden fünf biblischen Themen zu verfolgen, nicht um den Gedanken persönlicher Intimität zu ersetzen, sondern um ihn zu ergänzen, um das Thema in einem weiteren, größeren Bild ausgewogen zu platzieren.

peregrinatio » Brian McLaren: Anbetung – vorbei am Eigentlichen? (Teil 2)

Dabei kommen 5 Themenbereiche, die für eine gesunde und ausgewogene Sicht in unseren Liedern, wichtig sind: Eschatologie, Mission, Historische christliche Spiritualität, Einfach Gott, Klage.

Aber lest doch selbst den Post bei Peter! Es hilft mir in meinem mittlerweile erschütterten und zerütteten Verhältnis zu „Lobpreis“ weiter und startet was in meinem Kopf und meinem Herz! Z.B. die Frage, warum ich nicht selbst Lieder schreibe…ein paar gibt es schon, Klage z.B. („Ein Schrei“ heißt es), warum habe ich aufgehört und bin in den „Happy-Alles-ist-toll-und-wird-noch-besser-Lieder“-Frust gefallen ohne etwas daran zu tun? Hm. Food for thought. Wo war noch gleich meine Gitarre?

technorati tags:, ,

Erste Besprechungen von Alan’s Hirschs Buch "The Forgotten Ways“

The Forgotten Ways: Reactivating the Missional ChurchErwartungsgemäß bekommt Alan Hirsch’s neues Buch (zusammen mit seinen Blog) die ersten Besprechungen. Auf nextreformation gibt es einige Posts (in Englischer Sprache) und Zitate, die die Vorfreude und die Erwartungen an das Buch steigern.

Da haben wir zu dem Buch direkt Besprechung 1 und Besprechung 2, zu Karl Barth (ein Australier bringt uns diesen Theologen zurück, man überlege sich das…) und einem Vergleich zu „Organic Church“ von Neil Cole bzw. „Decoding the church“ von Howard Snyder. Interessante Meinungen und Einblicke. Zwei Zitate aus dem Buch:

“Nothing is more difficult to carry out, nor more doubtful of success, nor more dangerous to handle, than achieving a new order of things.” Machiavelli

“Strictly speaking one ought to say that the church is always in a state of crisis and that its greatest shortcoming is that it is only occasionally aware of it…” D Bosch

NextReformation » the forgotten ways II

Ich fand das Zitat von David J. Bosch schon immer genial – „Genau genommen befindet sich die Kirche beständig in einer Krise und ihr größter Fehler ist, dass sie sich dessen nur so selten bewußt ist.

So oft denken wir: „Es läuft doch ganz gut bei uns“, verkennen aber, dass die Kirche global tatsächlich in einer Krise steckt und in unserem Fall (Deutschland) kommt vor „global“ auf jeden Fall noch „national“ – wie und wann ändern wir (und wer ist wir? Du, ich…?) etwas daran?

technorati tags:, , , , , ,